Erste Zeugen im Drohnen-Ausschuss belasten de Maizière
Berlin (dpa) - Die ersten Zeugen im Drohnen-Untersuchungsausschuss belasten Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Ex-Ressortchef Rudolf Scharping warf dem CDU-Politiker vor, sich unzureichend über das Milliardenprojekt „Euro Hawk“ informiert zu haben und damit seiner politischen Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein.
Auch der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan zeigte sich verwundert über die Kommunikation innerhalb des Ministeriums, wie sie von de Maizière dargestellt wurde. Beide Zeugen wandten sich ebenso wie der frühere CDU-Verteidigungsminister Franz Josef Jung gegen den Vorwurf, das Scheitern des Drohnen-Projekts gehe auf „Geburtsfehler“ weit vor der Amtszeit de Maizières zurück.
Die Beschaffung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ war vor zwölf Jahren von einer rot-grünen Bundesregierung in die Wege geleitet worden, 2007 wurde der Entwicklungsvertrag unterzeichnet.
Im Mai 2013 stoppte das Verteidigungsministerium das Projekt wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion, nachdem bereits mehr als eine halbe Milliarde Euro investiert war. Der Untersuchungsausschuss soll klären, was bei dem Projekt schief gelaufen ist und wer dafür die Verantwortung trägt. Dazu sollen insgesamt 19 Zeugen an sechs Tagen vernommen werden.
De Maizière hatte den zuständigen Mitarbeitern in seinem Ministerium vorgeworfen, ihn nur unzureichend über die Probleme bei dem Projekt informiert zu haben. Er behielt sich deswegen sogar personelle Konsequenzen vor. Scharping sagte dagegen: „Es gibt bei Informationen eine Bringschuld und eine Holschuld.“ Bei einem Projekt von strategischer Bedeutung gehöre zur politischen Führung auch das intensive Nachfragen. Schneiderhan sagte, wenn er immer auf schriftliche Vorlagen gewartet hätte, wäre er vielleicht noch kürzer im Amt gewesen.
Scharping (SPD), Schneiderhan und Jung verteidigten die ersten Grundsatzentscheidungen für die Beschaffung der Drohne. Unter Scharping wurde das Projekt 2001 in die Wege geleitet, unter Jung 2007 der Entwicklungsvertrag unterzeichnet. Schneiderhan war von 2002 bis 2009 Generalinspekteur und damit ranghöchster Soldat und wichtigster militärischer Berater der Verteidigungsminister.
Scharping sagte, es sei eine „nachträgliche Schlaumeierei“ zu sagen, die Zulassungsprobleme seien damals schon absehbar gewesen. Auch Jung betonte: „Von Zulassungsproblemen habe ich im Zusammenhang mit dem Thema "Euro Hawk" nichts gehört.“ Den in seiner Amtszeit abgeschlossenen Vertrag verteidigte er.
Schneiderhan räumte ein, dass Risiken bei der „Euro Hawk“-Beschaffung von Anfang an absehbar waren. Allerdings seien die Probleme in der Konzeptionsphase von allen Beteiligten als lösbar eingeschätzt worden. „Es war niemand zu diesem Zeitpunkt da, der uns in irgendeiner Form gesagt hätte: nein.“ Von „Geburtsfehlern“ könne deshalb nicht die Rede sein. Der 66-Jährige zeigte auch Unverständnis für den Abbruch des Projekts. Es sei die richtige Technologie. „Deswegen wäre ich bis zur Stunde nicht auf den Gedanken gekommen: Dann lassen wir es bleiben.“
Die Opposition sah es nach den ersten Aussagen als erwiesen an, dass de Maizière zu nachlässig mit dem Thema „Euro Hawk“ umgegangen sei. Koalitionsabgeordnete blieben bei ihrer Einschätzung, dass schon weit vor der Amtszeit de Maizières Fehler bei dem Projekt gemacht wurden.
Der Ausschuss will bis Ende August seinen Abschlussbericht vorlegen. Anfang September will sich der Bundestag kurz vor der Wahl in einer Sondersitzung damit befassen.