Ex-EU-Kommissar kämpft vor Gericht gegen seinen Rücktritt
Luxemburg (dpa) - Der Streit um die Entlassung des damaligen EU-Gesundheitskommissars John Dalli im Oktober 2012 erreicht das EU-Gericht. Heute wollen die Luxemburger Richter hochrangige Zeugen zu dem aus Dallis Sicht erzwungenen Rücktritt befragen.
Grund für den Rückzug waren damals Bestechungsgeld-Forderungen eines Bekannten Dallis an die Tabakindustrie.
Die geladenen Zeugen könnten dabei hochrangiger nicht sein: Neben EU-Kommissionschef José Manuel Barroso ist dessen rechte Hand, Kabinettschef Johannes Laitenberger, geladen. Auch der Topjurist der Brüsseler Behörde, Luis Romero Requena, soll angehört werden, zudem Dallis ehemalige Kabinettschefin Joanna Darmanin, die inzwischen für seinen Nachfolger arbeitet. Dallis früheren Sprecher Frédéric Vincent wollen die Richter ebenfalls befragen.
Die EU-Kommission hatte Dalli vor bald zwei Jahren nach einer monatelangen Untersuchung der europäischen Antibetrugsbehörde Olaf für „politisch unhaltbar“ erklärt. Das geheime Papier wurde später in weiten Teilen öffentlich. Ein Freund Dallis soll demnach von Tabaklobbyisten 60 Millionen Euro gefordert haben. Im Gegenzug soll der Mann Einflussnahme auf die europäische Anti-Tabak-Gesetzgebung zugesagt haben, für deren Entwurf Dalli zuständig war. Dalli bestritt jede Verwicklung. Die Behörden in seinem Heimatland Malta ermitteln indes weiter gegen den heute 65-Jährigen.
Viele Fragen der Luxemburger Richter dürften am Montag auf eineinhalb Stunden am 16. Oktober 2012 abzielen. So lange sprach Dalli mit seinem damaligen Chef Barroso hinter verschlossenen Türen, an einem Teil der Unterredung nahmen nach Angaben der Kommission zwei ranghohe Mitarbeiter teil, darunter der Leiter des juristischen Dienstes. Dabei hat Dalli laut EU-Kommission seinen sofortigen Rücktritt erklärt.
Der Ex-Kommissar führt beim EU-Gericht unter anderem an, seine Behörde habe sich nicht an die im europäischen Recht festgelegten Regeln für den Rücktritt eines EU-Kommissars gehalten. Er habe sich nicht wehren können. Am Dienstag wird der Fall weiter in Luxemburg verhandelt. Mit einem Urteil ist erst in einigen Monaten zu rechnen.