Zu vier Jahren Haft verurteilt Ex-SS-Mann Gröning reicht Gnadengesuch ein

Hannover (dpa) - Der im Lüneburger Auschwitz-Prozess wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilte frühere SS-Mann Oskar Gröning hat ein Gnadengesuch eingereicht. Der Schritt ist für den 96-Jährigen die letzte Möglichkeit, einen Antritt der Haftstrafe juristisch abzuwenden.

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„Bei uns ist ein entsprechendes Gnadenverfahren anhängig“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Lüneburg zu einem Bericht von NDR 1 Niedersachsen. Die Staatsanwaltschaft muss über das Gesuch entscheiden. Falls Gröning seine Haftstrafe antreten muss, soll er in Uelzen untergebracht werden.

Das Landgericht Lüneburg hatte Gröning im Juli 2015 zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Der von Journalisten „Buchhalter von Auschwitz“ genannte frühere Freiwillige der Waffen-SS hatte eingeräumt, in dem Konzentrations- und Vernichtungslager Geld aus dem Gepäck der Verschleppten gezählt und weitergeleitet zu haben. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil im September 2016.

Das Bundesverfassungsgericht wies im vergangenen Dezember eine Beschwerde aus Gesundheitsgründen ab, damit war der Rechtsweg für Gröning und seinen Anwalt ausgeschöpft. Der Jurist hatte über mehrere Instanzen hinweg einen Haftantritt zu verhindern versucht und vorgebracht, der Verurteilte sei nach Auffassung eines Sachverständigen nicht haftfähig.

Ein Amtsarzt, der Gröning untersucht hatte, hatte eine pflegerische und ärztliche Betreuung zur Bedingung einer Inhaftierung des alten Mannes gemacht. Schwere Gesundheitsgefahren seien nicht erkennbar und Beeinträchtigungen könnten durch medizinische Vorkehrungen im Gefängnis Rechnung getragen werden, führte das Bundesverfassungsgericht aus.

Wegen der Schwere der Taten habe die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs zudem ein besonderes Gewicht. Grönings Haft könne jederzeit unterbrochen werden, sollte sich sein Zustand verschlechtern.

Der 96-Jährige soll zeitnah zum Antritt seiner Haft geladen werden, hatte eine Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft in Hannover Ende Dezember angekündigt. Grönings Anwalt und die Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.