Linkspartei Warum Lafontaines Idee einer linken Bewegung auf Ablehnung stößt

Berlin. Die Linkspartei streitet wieder einmal mit sich selbst. Auslöser ist die Idee des ehemaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine für „eine linke Sammlungsbewegung“, in der sich Linke sowie Teile der Grünen und der SPD zusammentun sollen.

Der frühere Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine, und die Fraktionsvorsitzenden von die Linke, Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht im Kosmos in Berlin beim Jahresauftakt "Aufbruch für soziale Sicherheit" der Linken.

Foto: Britta Pedersen

Diesem Vorstoß schloss sich jetzt auch Lafontaines Ehefrau, Fraktionschefin Sahra Wagenknecht an. Und prompt kochen alte Feindschaften hoch. Hinter der Idee verberge sich nur der Anspruch der beiden, „den Laden zu übernehmen“, hieß es hinter vorgehaltener Hand.

Tatsächlich polarisieren Wagenknecht und Lafontaine den linken Laden schon seit geraumer Zeit. Mit ihrer Kritik am Euro und der parteioffiziellen Flüchtlingspolitik genauso wie mit wenig schmeichelhaften Kommentaren über die Fähigkeiten der amtierenden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. Die müssen sich dann auch einmal mehr düpiert fühlen, wenn sich Wagenknecht und Lafontaine nun gewissermaßen als Spitze einer neuen, linken Bewegung sehen.

Schon beim Jahresauftakt-Treffen der Partei in der vergangenen Woche hatte Kipping deshalb zurückgekeilt: Erfolgreiche Neugründungen entstünden „nicht als Idee im Interview, sondern aus gesellschaftlichen Bewegungen, die wir nicht erfinden können“. Und Riexinger stellte am Montag klar: Natürlich wolle man eine Alternative für enttäuschte SPD-Mitglieder anbieten. Aber dazu brauche man „keine neuen Konstruktionen, sondern eine stärkere Linke“. Dagegen hatte Wagenknecht im „Spiegel“ den Nachbarn Frankreich als Vorbild gepriesen. Bei der Präsidentenwahl hatte der Linke Jean-Luc Mèlenchon mit seiner Bewegung dort aus dem Stand knapp 20 Prozent erreicht. „In dem Augenblick, wo etwas Neues entsteht, wachsen die Chancen auf andere Mehrheiten“, so Wagenknecht.

Das Problem ist freilich, dass in Deutschland nur Parteien zur Wahl zugelassen sind und eine linke Bewegung sich auch nicht einmal ansatzweise abzeichnet. Auch im linken Flügel der SPD herrscht Skepsis. Der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer hält Lafontaines Idee für „aus der Zeit gefallen“. Der Sozialdemokrat aus Nordrhein-Westfalen hatte in den letzten zwei Jahren einige Treffen von Parlamentariern aus SPD, Grünen und Linken organisiert, um Perspektiven für eine rot-rot-grüne Regierungsbildung auszuloten. „Die drei Parteien müssen zu gemeinsamen Inhalten kommen und nicht zu neuen Organisationsformen“, sagte Schäfer unserer Redaktion. So lange Teile der Linkspartei die SPD als Hauptgegner sähen, brauche man ohnehin nicht über eine linke Bewegung zu reden, erklärte Schäfer.

Der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer ist derweil davon überzeugt, dass sich die Linke in Deutschland mit einem Modell à la Lafontaine nur schwächen kann. „Es gibt auch keine Person, die für den linken Teil von SPD und Grünen sowie der Linkspartei stehen könnte und diese zusammenführt“, so Niedermayer. Der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter führt noch einen weiteren Aspekt ins Feld: Zwar habe es Lafontaine einst geschafft, die WASG mit der PDS zur neuen Partei „Die Linke“ zu verschmelzen. Damals seien auch viele Sozialdemokraten dort eingetreten. „Damit sind die meisten Unzufriedenen aber auch schon bei der Linken gelandet. Insofern bin ich skeptisch, ob da noch ein größeres Potenzial von SPD-Mitgliedern vorhanden ist, die ebenfalls diesen Schritt gehen würden“, meinte Falter. Und überhaupt müsse die Linkspartei „zunächst einmal ihre eigene innere Spaltung überwinden, bevor sie zum allgemeinen Sammeln bläst“.

Wie tief die Gräben dort sind, zeigt eine Episode vom vergangenen Sonntag: Auf der gesondert anberaumten Jahresauftaktveranstaltung der Bundestagsfraktion im einstigen Ostberliner Vorzeige-Kino „Kosmos“ ließen sich Kipping und Riexinger nicht blicken. Dabei sind beide Parteichefs auch Mitglieder der Linksfraktion.