Innenpolitik Faeser will mit aller Härte gegen Organisierte Kriminalität vorgehen

Wiesbaden · Bei Organisierter Kriminalität hätten viele Menschen in Deutschland Mafiabosse aus dem Kino im Kopf, klagt die Bundesinnenministerin. Dabei sei sie brandgefährlich. Nancy Faeser sagt den Verbrechern nun mit markigen Worten den Kampf an. Ihre Wirkung muss sich erst zeigen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hält zu Beginn der Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) im RheinMain CongressCenter (RMCC) ihre Rede zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

Foto: dpa/Arne Dedert

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat zu einem entschlossenen Kampf gegen die Organisierte Kriminalität in Deutschland aufgerufen. Diesen habe man viel zu lange „nicht ernst genug genommen“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden. „Wir müssen der Organisierten Kriminalität entschlossen und mit aller Härte den Kampf ansagen.“ Diese sei eine Bedrohung für Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und für die Demokratie.

Der Blick auf die Organisierte Kriminalität (OK) sei hierzulande eher von Film und Fernsehen oder Klischees geprägt. Dies werde aber der Wirklichkeit nicht gerecht, verharmlose die Verbrechen und verhöhne die Opfer, sagte Faeser, die eine neue Strategie zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vorstellte. Der finanzielle Schaden durch OK in Deutschland werde für 2021 mit 2,2 Milliarden Euro beziffert, der erwirtschaftete Ertrag mit 1,4 Milliarden Euro.

Eine Bedrohung für das Gemeinwesen sei Organisierte Kriminalität auch wegen ihrer hohen Gewaltbereitschaft, betonte Faeser. Zwar sei es in Deutschland noch nicht so weit wie in Belgien und den Niederlanden, wo OK-Gruppen auch nicht vor Folter und Mord zurückschreckten. Aber: „Das ist nicht so weit weg von der Bundesrepublik.“

Faeser wählte markige Worte. Beispiel Clankriminalität: „Es ist absolut inakzeptabel, dass kriminelle Angehörige von Clans in ihren Familienstrukturen abgeschottet und nach ihrem eigenen Wertesystem außerhalb unseres Rechtsstaates leben.“ Man dürfe nicht zulassen, dass sie den Rechtsstaat und die Gesetzes verachteten, Unmengen an Straftaten begingen, Gewalt anwendeten und Menschen in Angst und Schrecken versetzten. Dagegen sei mit allen Mitteln des Rechtsstaates vorzugehen. „Denn in einem Rechtsstaat steht niemand über dem Gesetz. Und das müssen diese Mitglieder der Clans lernen - wenn es sein muss auf die harte Tour.“

Wie diese „harte Tour“ aussehen soll, blieb allerdings vage. Faeser will das BKA ein bundesweites Lagebild Clankriminalität erheben lassen, die Kräfte von Bund und Ländern bündeln sowie eine „Allianz gegen Clankriminalität“ schmieden. Klingt gut. Aber ob das die Täter beeindrucken wird?

An anderer Stelle wirkt Faesers Konzept unambitioniert, etwa wenn sie sich dafür einsetzt, für Käufe eine Bargeld-Obergrenze von unter 10.000 Euro einzuführen. Das ändere für die allermeisten Menschen im Alltag praktisch gar nichts. „Für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität wäre es aber ein „game changer“.“ Die Absicht ist klar: Großkriminelle sollen Luxusautos, Immobilien und anderes nicht mehr mit Einnahmen aus illegalen Geschäften in bar bezahlen dürfen und so die Gelder sauber waschen können. Aber im EU-Land Italien zum Beispiel gilt für Barzahlungen bereits ein Limit von 2000 Euro.

Von der CDU kam denn auch umgehend Kritik. Es stehe zu befürchten, dass die Maßnahmen „nicht über das Stadium der bloßen Ankündigung hinauskommen“, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth, der für alle unionsgeführten Innenministerien spricht. Auch ihren grünen Koalitionspartner konnte Faeser nicht überzeugen. „Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen bleiben zu sehr im Ungefähren oder sind fehlplatziert“, erklärte der Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, Marcel Emmerich.

Zu Faesers Konzept gehört auch, die Auswerte-, Analyse- und Ermittlungskapazitäten des Bundeskriminalamts auszubauen sowie eine gemeinsame Bund-Länder-Plattform zur OK-Bekämpfung zu schaffen. Die Transport- und Vertriebswege von OK-Gruppierungen müssten identifiziert und zerschlagen werden. Spezialisierte Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften müssten ausgebaut werden. Die Sicherheitsbehörden seien personell und finanziell deutlich zu verstärken, der Strafrahmen für Geldwäsche sei zu erhöhen.

Da Organisierte Kriminalität über Staatsgrenzen hinweg operiere, sei die internationale Zusammenarbeit zu stärken. Es müssten zielgerichtet Allianzen gebildet und den kriminellen Strukturen entgegengestellt werden, heißt es in dem Strategiepapier. Vor allem zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität müsse man internationale Koalitionen eingehen, die Kooperation mit den südamerikanischen Staaten ausbauen und gegebenenfalls auch weitere Verbindungsbeamte der Polizei dorthin entsenden.

(dpa)