FDP-Chef Westerwelle will um seine Zukunft kämpfen
Stuttgart (dpa) - Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle gibt den Kampf nicht verloren und schiebt Kritik beiseite. Beim traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart beschwor der Außenminister und Vizekanzler seine verunsicherte Partei, sich vom dramatischen Umfragetief nicht beeindrucken zu lassen.
Drohende Niederlagen im Wahljahr 2011 will Westerwelle noch abwenden - ohne Kurswechsel. „Wer ein Land regieren will, muss auch Durststrecken ertragen“, rief der 49-Jährige am Donnerstag den etwa 1000 Zuhörern im Stuttgarter Staatstheater zu. „Wir sind auf dem richtigen Weg - trotz aller Holprigkeiten und Schwierigkeiten.“ Westerwelle ging auf die Frage, ob er beim Parteitag Mitte Mai wieder kandidieren wird, nicht ein. Die FDP-Spitze bemühte sich allerdings, die wochenlange Personaldebatte vorerst zu beenden.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner, der als möglicher Nachfolger Westerwelles gehandelt wird, sprach offen von einer „Bewährungsprobe“ für die Liberalen. Gesundheitsminister Philipp Rösler sprach von einem „Neustart“ der FDP. Nach neuesten Umfragen des ARD-„Deutschlandtrends“ liegt die FDP mit vier Prozent bei ihrem schlechtesten Wert seit zwölf Jahren.
In seiner 67-minütigen Rede rechtfertigte Westerwelle wiederholt den Kurs seiner Partei in der schwarz-gelben Koalition: „Man kann sagen: Das reicht noch nicht. Oder man sagt: Der Anfang ist gemacht.“ SPD, Grünen und Linkspartei will der FDP-Chef Paroli bieten: „Ich werde kämpfen, weil Deutschland Besseres verdient hat als linke Mehrheiten.“
Westerwelles Auftritt beim Dreikönigstreffen war seit Wochen mit großer Spannung erwartet worden. Immer wieder wurde spekuliert, dass der 49-Jährige in Stuttgart seinen Verzicht auf den Parteivorsitz ankündigen könnte.
Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn kritisierte die Westerwelle-Rede als unzureichend. „Das kann nicht alles gewesen sein, das darf nur der erste Teil der Rede gewesen sein“, sagte Hahn dem „Wiesbadener Kurier“ (Freitag). Als Zustandsbeschreibung der Partei sei die Rede sehr gut gewesen. Doch habe ein wesentlicher Teil gefehlt - nämlich eine Aussage darüber, wie die Partei aus dem Umfragetief herauskommen könne. Hahn hatte Westerwelle bereits im Dezember intern aufgefordert, er solle beim Dreikönigstreffen ankündigen, dass er im Mai nicht wieder um den Vorsitz antritt.
Auch Hessens FDP-Fraktionschef Florian Rentsch äußerte sich skeptisch über die Stuttgarter Rede des Bundesvorsitzenden: „Ich hätte mich gefreut, wenn Westerwelle auch einige selbstkritische Worte zur schwierigen Situation der FDP verloren hätte, mehr als Parteivorsitzender anstatt als Vizekanzler gesprochen hätte“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Wiesbaden.
Die CSU im Bundestag hält nach Westerwelles Rede ein Ende der FDP- Führungskrise für möglich. Die Bundestags-Opposition bescheinigte Westerwelle einen neuerlichen Fehlstart. „Das war kein Befreiungsschlag. Der Auftritt war ein Flop“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Westerwelle sei weiterhin ein „Vorsitzender auf Abruf“. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hielt dem FDP-Chef „vollendete Uneinsichtigkeit“ vor. „Da die FDP den politischen Kurswechsel nicht schafft, müssen es im Frühjahr eben die Wähler richten.“
Entscheidend für Westerwelles politisches Schicksal dürften nun die vier Landtagswahlen vor dem nächsten Parteitag im Mai werden. Nach Umfragen kann sich die FDP nicht einmal mehr in ihrem Stammland Baden-Württemberg sicher sein, am 27. März wieder in den Landtag zu kommen.
Westerwelle warnte seine Partei davor, sich von Umfragen einschüchtern zu lassen. Mehrfach stellte der Vizekanzler den Anteil der schwarz-gelben Bundesregierung und vor allem der FDP am Wirtschaftsaufschwung heraus. Er sprach von einem neuen „deutschen Wirtschaftswunder“. Westerwelles Bilanz: „Wir haben viele Erfolge. Und ohne Zweifel: Es muss auch vieles noch besser werden. Aber der Anfang ist gemacht.“