Freie Fahrt in Europa für Riesenlaster

NRW will sich querstellen und keine Strecken freigeben.

Düsseldorf. Sie sind ebenso umstritten, wie lange in der Diskussion: die „Gigaliner“. So werden Lastwagen bezeichnet, die mit einer Länge von 25,25 Metern und einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen deutlich größer sind, als die bislang im deutschen Straßenverkehr zugelassenen Lkw.

Am Montag forcierte die EU-Kommission das Projekt erneut. Nach ihrem Vorschlag sollen die Riesen-Lkw in Zukunft von einem EU-Staat in einen anderen fahren können. Voraussetzung: Beide Länder sind einverstanden.

Bisher war nur der innerstaatliche Verkehr erlaubt. Laut EU-Verkehrskommissar Siim Kallas bleibe es daher Sache der Mitgliedstaaten, ob die langen Laster durch das Land fahren dürfen: „Niemand wird gezwungen, seine Haltung zu ändern.“

Auch wenn das EU-Parlament und die Mitgliedsländer dem Vorschlag der Kommission noch zustimmen müssen, melden sich die Kritiker. „Gigaliner in Deutschland — das wäre ein Fass ohne Boden“, sagt Martin Roggermann, beim Bündnis „Allianz pro Schiene“ zuständig für die Kampagne „No Mega-Trucks“.

Laut einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen würden alleine am Brückennetz der Bundesautobahnen Mehrkosten von acht Milliarden Euro zur Ertüchtigung entstehen.

Lob für den Vorschlag gab es aus der Autobranche. „Der grenzüberschreitende Einsatz von Lang-Lkw ist ein pragmatischer Schritt, um die Leistungsfähigkeit und Effizienz des Güterverkehrs in Europa weiter zu steigern“, teilte der Verband der Automobilindustrie mit.

Zusätzliche Kosten für das Brückennetz? Das würde vor allem Nordrhein-Westfalen treffen. Nach Einschätzung des NRW-Verkehrsministeriums müssen in den kommenden Jahren ohnehin schon rund 50 Autobahnbrücken abgerissen werden.

Das NRW-Verkehrsministerium gibt sich aber angesichts des EU-Vorschlags gelassen. „Selbst wenn es so kommt, hätte das für uns keine Auswirkungen, weil wir keine Strecken freigeben werden“, sagt Pressesprecher Maik Grimmeck. Das Ministerium halte die „Gigaliner“ für zu gefährlich, da mit den Riesen-Lkw längere Überholvorgänge entstehen würden. Außerdem sei die Brandlast größer und die Räumzeiten nach einem Unfall länger.