Gauck ruft katholische Laien zum Einmischen auf
Regensburg (dpa) - Papst Franziskus hat in der katholischen Weltkirche für Aufbruchsstimmung gesorgt. Seine Thesen unter anderem über Armut haben auch den Katholikentag erreicht und sorgen für Diskussionen.
Bundespräsident Gauck findet, die Gläubigen sollten sich einmischen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat die katholischen Christen ermutigt, sich in die Debatte über die Zukunft ihrer Kirche einzubringen. „Nirgendwo steht geschrieben, dass der heilige Geist nur in Bischöfen weilt“, sagte der protestantische Pastor am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion beim Katholikentag in Regensburg. Auch „kirchliches Leben und zentrale Elemente des Glaubens“ seien Veränderungen unterworfen.
Papst Franziskus brauche „die starke Stimme seines Gottesvolkes“, meinte Gauck. Es gehe darum, ob die Kirche der Lehre der früheren Päpste weiter folgen will oder ein neues Konzil einberufen wird, das den Weg in die Zukunft „auch im Dialog mit der Moderne“ aufzeigen soll. Auf die Frage zum Wirken von Franziskus und die Erwartungen an den Pontifex sagte das Staatsoberhaupt, das müsse man abwarten. „Auch herzliche und gefühlsbetonte Menschen könnten sehr konservativ sein (...) und Veränderung eher bremsen als befördern.“
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte in einer anderen Katholikentags-Veranstaltung davor, die vom Papst geforderte „arme Kirche“ falsch zu verstehen. „Natürlich heißt das nicht, von heute auf morgen wird das ganze Vermögen der Kirche verteilt“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Die Kirche benötige auch langfristig ausreichend Geld für die „Evangelisierung“, für die Armen und für die Bezahlung ihrer Mitarbeiter.
Gauck rief bei dem Kirchentreffen die Menschen auch zu mehr gesellschaftlichem Engagement auf. „Was mich am meisten besorgt, ist eine grassierende Gleichgültigkeit“, sagte er. „Viele Menschen denken, Leben ereignet sich einfach so.“ Es sei aber für eine Gesellschaft von Nachteil, „den größten Schatz unserer individuellen Möglichkeiten nicht zu heben“. Eine Ursache für diese Entwicklung ist nach Einschätzung Gaucks, dass es vielen Menschen in Deutschland gut geht. „Wenn unser Leben uns in den Schoß fällt, denken wir nicht mehr daran, dass wir es gestalten und verantworten müssen.“
Bei einem Rundgang am Donnerstag warb der Bundespräsident erneut für eine stärkere Zusammenarbeit der christlichen Kirchen. Er ermutigte die Gläubigen zu mehr Ökumene: „Da helfen Befehle von oben wenig“, sagte er. „Das muss von unten wachsen.“
Auch der Mainzer Kardinal Karl Lehmann forderte die zwei großen Kirchen auf, bei politischen Debatten über ethische Fragen gemeinsam Stellung zu beziehen. So gebe es in letzter Zeit Risse in den Positionen zur Bioethik. Generell forderte Lehmann, in der Ökumene die Suche nach einem „differenzierten Konsens“ nicht aufzugeben.
Begonnen hatte der zweite Tag des Katholikentages mit einem großen Open-Air-Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt. Trotz Regens und Kälte versammelten sich dazu rund 17 000 Gläubige im Universitätsstadion. Ortsbischof Rudolf Voderholzer rief in seiner Predigt Christen dazu auf, sich in Schulen, Universitäten und auch der Politik zu engagieren und ihren Glauben zu verbreiten.
Bis Sonntag werden beim Katholikentag bis zu 80 000 Besucher bei mehr als 1000 Veranstaltungen erwartet. Darunter sind etliche hochrangig besetzte Diskussionsrunden zu kirchlichen und politischen Themen. Am Freitag wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Katholikentag erwartet.