Geld für Griechen heizt deutschen Wahlkampf an
Die Aussage von Finanzminister Schäuble zu weiteren Hilfen liefert eine Vorlage für die SPD.
Berlin. Wolfgang Schäuble gilt als Meister verschwurbelter Endlossätze. Der CDU-Mann liebt es, seine Gesprächspartner im Ungefähren zu lassen und dabei seine intellektuelle Stärke auszuspielen.
Dann aber kommen dem Finanzminister Aussagen über die Lippen, die an Klarheit nicht zu überbieten sind. Im Oktober weilte der bald 71-jährige Politiker, der fast Kanzler und beinahe Bundespräsident geworden wäre, in Singapur.
Als ein Zuhörer nach einem Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone fragte, sagte Schäuble: „I think there will be no Staatsbankrott in Greece. (Ich denke, es wird keinen Staatsbankrott in Griechenland geben)“ Die Finanzmärkte wussten in diesem Moment, dass die Europäer Athen nicht fallen lassen würden.
Jetzt hat Schäuble wieder einen schnörkellosen Hauptsatz geliefert: „Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen.“ So verkündete er bei einer CDU-Veranstaltung bei Hamburg die im Kern überfällige Botschaft, dass Athen nach 2014 weitere Hilfen braucht. Seitdem wird in Berlin debattiert, ob der Politprofi sich einfach verplappert hat oder die Regierung viereinhalb Wochen vor der Wahl gezielt reinen Tisch machen will.
Wurde Schäuble gar von der Kanzlerin vorgeschickt, die unbequeme, für Fachleute längst bekannte Wahrheit öffentlich zu machen? Koalitionsleute sagen abweichend zur Regierungskommunikation („Es gibt nichts Neues“), Schäubles Ansage sei überraschend, aber gar nicht so verkehrt. Für Schwarz-Gelb sei damit die Gefahr einer vermeintlichen „Wahlkampflüge“ im Wesentlichen abgeräumt worden.
Diese Einschätzung könnte verfrüht sein. Für Union und FDP, die zum Verdruss der SPD bislang ziemlich erfolgreich die Risiken der Euro-Schuldenkrise aus dem Wahlkampf gehalten haben, könnte das Thema bis zum 22. September noch ungemütlich werden. Nach Schäubles Klartext stellt sich nicht nur die SPD die Frage, wie teuer ein drittes Athen-Programm nach 2014 für die Steuerzahler wird. Angela Merkel wiegelte gestern in einem Interview ab: „Ich kann keine Summe nennen, bestätigen. Ich weiß sie nicht. Man kann sie nicht wissen.“
Bei der SPD ist es Altkanzler Gerhard Schröder vorbehalten, das Thema „Kosten der Eurokrise“ mit Verve ganz oben auf die Agenda des Wahlkampfes zu setzen. Schröder wählte beim Auftritt mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in Detmold die große Keule. Auf seine Nachfolgerin gemünzt, meinte Schröder, die „ganz große Lüge“ werde nach der Wahl sichtbar werden. Deutschland werde für Europa mehr zahlen müssen.