Grünen-Abgeordnete Gericht hält heftige Beleidigungen gegen Künast für zulässig

Berlin · Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast hat ein Urteil des Berliner Landgerichts im Streit um Beleidigungen gegen sie scharf kritisiert.

Foto: dpa/Soeren Stache

"Solche Urteile greifen in den Kernbestand der Demokratie ein", sagte Künast den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland von Donnerstag. Diese lebe vom Engagement der Bürger. "Wer soll sich ehrenamtlich oder politisch engagieren, wenn er so bezeichnet werden darf, ohne dass dies Folgen hat?"

Weiter sagte Künast, "wir stehen an einer Wegscheide, ob wir uns wehren oder vor der Strategie des Rechtsextremismus zurückweichen". Nach einem Bericht der "Berliner Morgenpost" hatte das Berliner Landgericht am 9. September entschieden, auf Künast gemünzte Kommentare bei Facebook wie "Drecks Fotze" bewegten sich "haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren". Auch Äußerungen wie "Knatter sie doch mal so richtig durch, bis sie wieder normal wird" seien als "mit dem Stilmittel der Polemik geäußerte Kritik" gewertet worden.

Auch sei die Unterstellung, dass Künast "vielleicht als Kind ein wenig zu viel gef..." wurde, laut Beschluss "überspitzt, aber nicht unzulässig". Die Forderung, sie als "Sondermüll" zu entsorgen, habe "Sachbezug", hieß es demnach weiter. Attribute wie "Stück Scheiße", "Schlampe" sowie "Geisteskranke" seien ebenfalls als "Auseinandersetzung in der Sache" gewertet worden.

Alle insgesamt 22 Kommentare entstanden der "Berliner Morgenpost" zufolge als Reaktion auf einen Post des rechten Netzaktivisten Sven Liebich vom 27. März. Dieser berief sich wiederum auf einen Artikel in der "Welt" von Mai 2015, in dem es um eine Äußerung Künasts aus dem Mai 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus geht.

Seinerzeit redete eine grüne Fraktionskollegin zum Thema häusliche Gewalt, als ein CDU-Abgeordneter die Zwischenfrage stellte, wie sie zum Beschluss der nordrhein-westfälischen Grünen stehe, Geschlechtsverkehr mit Kindern zu entkriminalisieren. Laut "Welt" rief Künast damals dazwischen: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist."

Künast wollte vor dem Landgericht erreichen, dass Facebook die personenbezogenen Daten der Urheber herausgibt, um zivilrechtliche Schritte einleiten zu können. Dies lehnte das Gericht ab. Die Grünen-Politikerin zeigte sich darüber "sehr irritiert". Sie sagte den RND-Zeitungen: "Ich verstehe nicht, dass vollkommen zusammenhanglose Äußerungen von der Kammer so belanglos als zulässige Meinungsäußerungen qualifiziert werden." Sie habe den Eindruck, dass sich das Landgericht mit der Problematik überhaupt nicht auseinandergesetzt habe, sodass faktisch auch der Zivilrechtsweg verhindert sei.

jpf/hcy

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(AFP)