Berlin Gesetz soll Kontrolle der Pflegedienste verstärken

Die Regierung will den Weg für schärfere Kontrollen von Pflegediensten zügig freimachen. Gesetzliche Kassen erhalten mehr Befugnisse.

Die Bundesregierung will Pflegedienste stärker kontrollieren. (Symbolbild)

Die Bundesregierung will Pflegedienste stärker kontrollieren. (Symbolbild)

Foto: dpa

Berlin (AFP). Nach dem Betrugsskandal um vor allem russischstämmige Pflegedienstbetreiber will die Bundesregierung rasch den Weg für schärfere Kontrollen von ambulanten Pflegediensten frei machen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll am Dienstag vom Kabinett verabschiedet werden, wie die "Welt" am Freitag berichtete. Während die Kassen die Pläne begrüßten, gehen sie den Patientenschützern nicht weit genug.

Nach dem Entwurf für das dritte Pflegestärkungsgesetz dürfen die gesetzlichen Krankenkassen künftig die Abrechnungen sämtlicher ambulanter Pflegedienste überprüfen, und zwar unabhängig davon, ob die Patienten Geld aus der Kranken- oder der Pflegekasse beziehen. Bisher konnten die Kontrolleure nur bei ambulanten Altenpflegediensten tätig werden, nicht aber bei jenen, die ausschließlich häusliche Krankenpflege anbieten.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte bereits vor wenigen Tagen in den Zeitungen der Funke Mediengruppe angekündigt, dass künftig sämtliche Pflegedienste unangemeldet kontrolliert werden können, wenn ein Verdacht gegen sie vorliegt. Außerdem würden die Pflegekassen verpflichtet, schon bei der Zulassung von Pflegediensten sicherzustellen, dass sich kriminelle Dienste nicht einfach unter neuem Namen oder über Strohmänner eine neue Zulassung erschleichen könnten.

Berichten zufolge gehen dem deutschen Sozialsystem pro Jahr insgesamt bis zu eine Milliarde Euro verloren, weil Pflegedienste Leistungen abrechnen, die überhaupt nicht erbracht wurden. Im April waren zuletzt systematische Betrügereien im Pflegebereich bekannt geworden. Pflegedienste, deren Betreiber mehrheitlich aus früheren Sowjetstaaten stammen, sollen dem Bundeskriminalamt zufolge in großem Stil Abrechnungsbetrug begangen haben. In Berlin gingen die Behörden mit einer Großrazzia gegen einen ambulanten Pflegedienst vor, der allein Sozialkassen und Stadt mit systematisch falsch abgerechneten Leistungen um nahezu eine Million Euro geschädigt haben soll.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) unterstützt schärfere Kontrollen. Dies sei "ein gutes Signal" an die vielen guten und ehrlichen Pflegedienste und "ein wichtiges Instrument, um künftig besser die Spreu vom Weizen trennen zu können", erklärte Verbandssprecher Florian Lanz. Auch die Grünen begrüßten die Gesetzesänderung, forderten aber noch weitergehende Schritte. Dazu reichten Abrechnungsprüfungen und Führungszeugnisse aber nicht aus, erklärte Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflegepolitik der Bundestagsfraktion.

Eine Meldepflicht für ambulante Dienste, wie Nordrhein-Westfalen sie bei den Kreisen und kreisfreien Städten eingeführt habe, könne zu mehr Transparenz führen. Zudem betonte Scharfenberg, dass das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung bei unangemeldeten Kontrollen gewahrt bleiben müsse.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht in unangemeldeten Kontrollen bei der häuslichen Krankenpflege und schärferen Zulassungsprüfungen für ambulante Pflegedienste nur einen ersten Schritt. Pflegeleistungen sollten künftig nur noch elektronisch abgerechnet werden, forderte Vorstand Eugen Brysch. Zudem müsse jeder Versicherte eine einheitliche lebenslange Patientennummer erhalten. Dadurch könnte ein Abrechnungsbetrug rasch aufgedeckt werden.