Wechsel ins Rote Rathaus Giffey will Chefin der Berliner SPD werden

Berlin · Die Familienministerin will SPD-Landesvorsitzende werden - auch Regierende Bürgermeisterin?

Franziska Giffey (l., SPD), Bundesfamilienministerin, will Michael Müller (SPD) als Regierenden Bürgermeister von Berlin beerben.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) saß am Mittwoch bei der Gedenkstunde des Bundestages zur Befreiung des KZ Auschwitz pflichtgemäß auf der Bundesratsbank. Seine Parteifreundin, Familienministerin Franziska Giffey, sah man hingegen auf der Regierungsbank sitzen. Noch sind die Rollen klar verteilt – aber vielleicht nicht mehr lange.

Die Katze ist aus dem Sack. Denn in Berlin wurde schon lange darüber spekuliert, dass die Familienministerin gewillt sei, das Amt der Regierenden Bürgermeisterin anzustreben. Giffey, so viel steht zumindest schon mal fest, will für den Landesvorsitz der Berliner SPD kandidieren und Müller im Mai zunächst in dieser Funktion beerben. Erstmals ist allerdings auch eine Doppelspitze geplant, wie im Bund. Voraussichtlich mit dem Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh. Vermutet wird, dass die Ministerin dann auch für das Amt der Regierungschefin in der Hauptstadt antreten wird. Die nächste Wahl zum Abgeordnetenhaus findet im Herbst 2021 statt, genauso wie die Bundestagswahl. Bis dahin kann sie also Familienministerin bleiben. Möglich ist freilich auch ein früherer Wechsel ins Rote Rathaus, damit Giffey mit einem gewissen Amtsbonus in die Wahl gehen kann. Konkret wollten sich Giffey und Müller bei einer eilig einberufen Pressekonferenz dazu nicht äußern. „Alles andere wird zu einem anderen Zeitpunkt entschieden“, befand Müller lediglich.

Schon lange wurde die frühere Bezirksbürgermeisterin von Neuköllen von ihren heimischen Genossen dazu gedrängt, das Ruder in Berlin zu übernehmen. Die 41-Jährige gilt als bürgernah, sie kennt noch die Probleme der Menschen, sie ist sympathisch. Anders als der Regierende Müller. Unter seiner Führung dümpelt die einst so stolze Hauptstadt-SPD in den Umfragen bei um die 15 Prozent. Mit Giffey hofft man, wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Ihr könnte es auch gelingen, Berlin wieder etwas mehr Glanz zu verleihen - wie einst Müllers Vorgänger Klaus Wowereit. An „Wowi“ kam der jetzige Amtsinhaber nie heran.

Giffey hat ihre persönlichen Probleme bereinigt

Müller hat wohl selbst eingesehen, dass mit ihm kein Neustart mehr zu machen ist. Möglich wäre, dass er nach einem kompletten Abgang für den nächsten Bundestag kandidiert. In einer internen Mail an die SPD-Mitglieder erklärte er die Entscheidung damit, dass sich viele Genossen in Berlin „neue Impulse für unsere Partei“, gewünscht hätten. Seit zwölf Jahren sei er Landesvorsitzender, richtig sei daher, „wenn jetzt neue Köpfe Verantwortung übernehmen“. Der wichtigste Satz in der Mail war aber der: „Ich werde meine Arbeit als Regierender Bürgermeister fortsetzen.“ Vorerst jedenfalls. Vor der Presse meinte Müller, er habe sich noch viel vorgenommen im Amt.

Giffey indes hat ihre persönlichen Probleme bereinigt. Die Plagiatsaffäre rund um ihre Doktorarbeit, wegen der sie nicht für den SPD-Bundesvorsitz kandidieren konnte, ist ausgestanden. Auch mit Blick auf private Schwierigkeiten soll sie die Reißleine gezogen haben. Giffeys Ehemann hatte kürzlich seinen Beamtenjob in Berlin verloren. Er soll bei Arbeitszeiten und Dienstreisen geschummelt haben. Kurz danach sah man die Ministerin, Mutter eines Kindes, bereits ohne Ehering. „Ich bin Berlinerin. Und als Berlinerin liebe ich meine Stadt“, begründete sie vor der Presse ihre Kandidatur. „Das wird gut, ich sage es ihnen.“ Schau‘n mer mal.