Giftgas für Syrien — mit Hilfe aus Deutschland?
Neue Informationen belasten Hersteller. Generalbundesanwalt prüft Hinweise.
Berlin. Haben deutsche Firmen zur Herstellung syrischer Chemiewaffen beigetragen? Den Verdacht gibt es schon lange, einen Beweis noch nicht. Eine Liste der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) liefert neue Indizien, dass deutsche Firmen die Produktion in den 1980er Jahren unterstützt haben könnten. Die Bundesregierung hat jetzt den Generalbundesanwalt eingeschaltet.
Seit September ist bekannt, dass deutsche Firmen zwischen 1998 und 2011 etwa 360 Tonnen Chemikalien nach Syrien geliefert haben, die zur Herstellung von Waffen genutzt werden können. Die Bundesregierung gab auch zu, dass Güter exportiert wurden, die zum Bau von Produktionsstätten geeignet waren. Sie waren angeblich für Papierfabriken, eine Brauerei und eine Erdgas-Aufbereitungsanlage bestimmt.
Die Chemikalien sollen für die Oberflächenbehandlung von Metallen, die Herstellung von Zahnpasta und die Fluorierung von Trinkwasser verwendet worden sein. Hinweise auf eine militärische Nutzung gebe es nicht, beteuerte das Bundeswirtschaftsministerium.
Neu ist, dass Syrien nun selbst erklärt, dass deutsche Produkte zur Herstellung von Chemiewaffen verwendet wurden. Syrien hat sich mit dem Beitritt zum internationalen Chemiewaffenabkommen verpflichtet, Informationen über Zulieferungen aus dem Ausland offenzulegen. Seit September 2013 informiert Damaskus darüber die OPCW. Daher bekam die Bundesregierung nun eine Liste der Güter, die von deutschen Firmen stammen sollen. Laut „Süddeutscher Zeitung“ und NDR geht es um 50 Lieferungen aus den Jahren 1982 bis 1993 — darunter 2400 Tonnen Schwefelsäure, die zur Produktion des Nervengifts Sarin verwendet werden kann.
Die Bundesregierung hält die Firmennamen unter Verschluss — mit Verweis auf die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses.
Der Generalbundesanwalt prüft den Anfangsverdacht einer Straftat nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Auf Entwicklung, Herstellung oder Verbreitung chemischer Waffen steht eine Haftstrafe von nicht unter zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beträgt aber 20 Jahre. Daher ist es möglich, dass keine Ermittlungen mehr eingeleitet werden, weil die Exporte mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegen.