Grüne ringen um Strategie für Wahl
Berlin (dpa) - Die Grünen ringen gut ein Jahr vor der Bundestagswahl um ihre strategische Ausrichtung. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann warnte eindringlich vor einem rot-rot-grünen Bündnis.
Offen zeigte er sich für eine Koalition mit der CDU, so wie in seinem Land. Auch Parteichef Cem Özdemir sah die Linke am Wochenende nicht reif für ein Bündnis. Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt dagegen und favorisierte Rot-Rot-Grün - während Fraktionschef Anton Hofreiter auf Eigenständigkeit pocht.
Özdemir, der zum Realo-Flügel der Partei gehört, erklärte in der „Welt am Sonntag“: Um als Koalitionspartner akzeptabel zu sein, müsse die Linke endlich Grundsätzliches verinnerlichen, „dass die Bundesrepublik ein Teil des Westens ist“ und dass sie „nicht isoliert und in der Mitte Europas hin- und herschwanken darf“.
Kretschmann sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag): „Die Linke lebt in der Welt einer Nationalökonomie, und außenpolitisch ist sie im Niemandsland - eher eine Protestbewegung.“ In ihrem derzeitigen Zustand, „würde schon die Sondierung scheitern“.
Zugleich rief er die Grünen dazu auf, sich auch auf Bundesebene für die Union zu öffnen. „Es spricht grundsätzlich nichts gegen Schwarz-Grün“, sagte Kretschmann, der ebenfalls zu den Realos gehört, und verwies auf die gemeinsamen Regierungen in Baden-Württemberg und Hessen.
Aus Sicht Trittins zeigen jedoch gerade die, dass „die Schnittstellen mit den Sozialdemokraten und auch mit weiten Teilen der Linken einfach höher sind“, wie der Politiker vom linken Flügel der Grünen im „Spiegel“ sagte.
Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter, ebenfalls ein Parteilinker, pochte dagegen auf die Eigenständigkeit der Grünen: „Hauptsache Inhalte durchsetzen. Das ist das Wichtige.“ Deswegen bereiteten sich die Grünen auf Rot-Rot-Grün und Schwarz-Schwarz-Grün vor, sagte Hofreiter mit Verweis auf die Streitereien zwischen CDU und CSU.
Allerdings hätte nach den derzeitigen Umfragewerten wohl keine der beiden Konstellationen eine Mehrheit. Angesichts der schlechten SPD-Umfragewerte forderte Niedersachsens SPD-Chef Stephan Weil die Partei zu einer klaren Kursbestimmung auf. „Die SPD muss ihr politisches Profil klären. Und alles andere — das gilt für Personal- und Bündnisfragen — muss bis dahin zurückstehen“, sagte der Ministerpräsident der Deutschen Presse-Agentur. Mit der Profilschärfung müsse die SPD direkt nach der Sommerpause beginnen. Die Partei lieht derzeit bei 22 bis 23 Prozent.