Obergrenze bleibt Zankapfel Grüne und FDP drängen Union zu einheitlicher Linie
Berlin/München (dpa) - Die Grünen und die FDP drängen die Union zur Klärung interner Differenzen, um mit Sondierungen über eine „Jamaika“-Koalition beginnen zu können.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Deutschen Presse-Agentur: „CDU und CSU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft, daher erwarten wir auch, dass in möglichen Sondierungen mit einer Stimme gesprochen wird.“
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte dem Sender n-tv, es sei wichtig, dass CDU und CSU „ihre internen Querelen möglichst schnell beilegen, damit wir über Inhalte sprechen können“. Spitzenvertreter der Union wollen nächsten Sonntag (8. Oktober) über eine gemeinsame Linie für Sondierungen beraten.
Nach den schweren Verlusten bei der Bundestagswahl wollen CDU und CSU mehrere wichtige Themen zunächst untereinander abklären. Dies hatte CSU-Chef Horst Seehofer mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vereinbart. An dem Treffen nehmen nach dpa-Informationen auf CSU-Seite auch Generalsekretär Andreas Scheuer, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil. Dies berichtete auch der „Münchner Merkur“ (Freitag). Für die CDU-Seite kommen zudem Unionsfraktionschef Volker Kauder, Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Generalsekretär Peter Tauber.
Beraten werden dürfte unter anderem über Zuwanderung, Sicherheit und Europa. Seehofer hatte zudem verlangt, dass sich die Union auch um soziale Themen wie Rente, Familie, Pflege und Wohnen verstärkt kümmern müsse.
Zentraler Streitpunkt ist die von Seehofer verlangte Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr. Merkel lehnt sie ab, die Grünen sind ebenfalls dagegen. FDP-Generalsekretärin Beer sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), ihre Partei sei gegen eine starre Obergrenze für Asylberechtigte. „Aber über eine Grenze der Integrationskraft unseres Landes müssen wir reden.“
Möglich ist, dass noch weitere Unionsgespräche vor dem Auftakt von Sondierungsgesprächen nötig werden. CDU und CSU streben eine Klärung ihres gemeinsamen Kurses in der ersten Oktoberhälfte an. Am 15. Oktober wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Die Union war bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden, hatte aber nur 32,9 Prozent erreicht - ihr schwächstes Ergebnis seit 1949.
Seehofer ist nach den herben CSU-Verlusten angeschlagen. Ein Machtkampf über seine Zukunft ist aber zunächst vertagt. „Wir müssen jetzt sauber analysieren und dann sehen, mit welcher Aufstellung sowohl personell als auch inhaltlich wir in das Jahr 2018 starten“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union in Bayern, Hans Reichhart, der „Rheinischen Post“.
Formelle Koalitionsverhandlungen nach möglichen Sondierungen mit FDP und Grünen will Seehofer erst nach dem CSU-Parteitag Mitte November beginnen. Zum Parteitag soll Merkel anders als im vergangenen Jahr wieder eingeladen werden.
Grünen-Chef Cem Özdemir rief dazu auf, sich mit roten Linien zurückzuhalten. „Niemand sollte Maximalforderungen aufstellen, die schon im vornherein als Ausschlusskriterien verstanden werden können“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
CSU-Vize Manfred Weber forderte die Grünen beim Asylrecht zu Bewegung auf. „Die Grünen können sich nicht weiter verweigern, zusätzliche Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären - dies gilt vor allem für die Staaten Nordafrikas“, sagte er dem RND. Ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen könne es nur bei einer konsequenteren Abschiebepolitik geben.