Von Los Angeles über Dubai nach Hongkong – im Fernweh-Park reisen Besucher mit Ortsschildern durch die ganze Welt Fernweh im Schilderpark

Arabische Schriftzeichen und ein weißes Kamel auf blauem Grund entführen ins märchenhafte Abu Dhabi. Das wappenförmige braune Ortsschild von Beverly Hills versprüht Glamour. Dazwischen warnen gelbe Rauten und Dreiecke vor Elchen, Alligatoren oder Kängurus.

Von seiner Lieblingsstraße, der Route 66, hat Klaus Beer die meisten Schilder mitgebracht.

Foto: Pia Hoffmann

Wer im Urlaub schon einmal unter einem der markanten Schilder gestanden hat, fühlt sich sofort dorthin zurückversetzt. Andere Wegweiser beflügeln, befremden, erstaunen oder machen neugierig. Der Fernweh-Park bildet die ganze Welt auf einem Fleck ab, denn hier geht es nicht um Geografie, sondern um Freiheit, Völkerverständigung und vor allem um Reiselust.

Den ersten Hinweis auf den skurrilen Schilderwald in der Nähe von Hof in Oberfranken gibt das braun-weiße Kulturschild an der Autobahn. Eine gute Beschilderung ist schließlich das Aushängeschild für Parkinitiator Klaus Beer, der seit mehr als 40 Jahren als Dokumentarfilmer die ganze Welt bereist. Bei Dreharbeiten in Kanada kam ihm die Idee für den Fernweh-Park. „In dem kleinen Ort Watson Lake an der Grenze zu Alaska stieß ich auf den Sign Post Forest, einen Wald mit 70 000 Schildern aus aller Herren Länder. Das war so etwas Tolles, das musste ich einfach nach Deutschland bringen.“

Bislang hat der Weltenbummler rund 4000 Metalltafeln zusammengetragen. Viele davon hat er selbst auf seinen Reisen ergattert, aber er freut sich auch über Schilder, die Besucher von unterwegs mitbringen. Je exotischer desto besser. Deutsche Ortsschilder hat Klaus Beer mehr als er aufhängen kann, aber vor allem aus Afrika sucht er noch Beiträge.

„Jeder Urlauber hat bei uns die Möglichkeit, seine Traumreise unvergesslich zu machen“, erläutert er. „Wir hängen das Schild nicht einfach nur im Park auf, sondern machen ein Fotoshooting und bringen eine Story auf unserer Webseite. Häufig werden in der Zeitung der Stadt, aus der das Schild stammt, noch weitere Artikel veröffentlicht.“ Medien aus Auckland, Los Angeles und New York haben bereits ausführlich über Schilderübergaben in Germany berichtet.

Thematisch geordnet führen Wege durch das Gelände

Auf den ersten Blick wirkt das Schilderchaos verwirrend. Da hängen Sydney, Prag und Teheran untereinander, und auch Paris, Acapulco und Hongkong teilen sich einen Pfosten. Doch hinter dem bunten Panorama im Eingangsbereich führen thematisch geordnete Wege sternförmig in alle Richtungen. Links geht es durch Australien und Neuseeland, dahinter liegt die Asien-Ecke mit Blechtafeln aus Indien, Nepal, Thailand, Iran, Sri Lanka und China, und auch ein paar afrikanische Souvenirs sind zu sehen. Am besten repräsentiert ist Beers Lieblingsstraße, die Route 66.

Je zwei große Pfostenreihen leiten Besucher quer durch die USA und Europa. „Die Wegweiser aus Bagdad und Aleppo sind allerdings nicht echt“, gibt Klaus Beer zu. „Die haben wir hier originalgetreu nachbauen lassen, denn man derzeit einfach nicht dorthin.“

Im hinteren Teil des Parks hängen deutsche Ortsschilder mit lustigen Aufschriften wie Schabernack, Jux oder Hotzenplotz, aber auch mit geschmackvollen Namen wie Linsengericht, Knoblauch, Büchsenschinken, Wassersuppe und Bierkeller. Oder würden Sie lieber in Pappenheim, Altenteil, Langweiler, Elend oder Ursulapoppenricht wohnen?

Wer innerhalb Deutschlands auf Weltreise gehen will, könnte von der Gemeinde Welt in Nordfriesland über Weitewelt bei Bad Segeberg nach Amerika, Texas, Brasilien, England, Kanada oder Grönland reisen und dabei Städte wie Troja an der Müritz und Rom in Mecklenburg-Vorpommern besuchen.

Skurrile Ortsnamen
sind hier zu finden

Tierfreunde können ihren nächsten Urlaub in Katzenhirn, Affendorf, Ratte oder Grüner Esel planen. Oder wie wäre es mit einem Trip nach Lederhose und Regenmantel? Ostern bietet sich ein Ausflug nach Hühnergeschrei oder Ostereistedt an, zu Weihnachten nach Nikolausdorf, Heiligenland oder Himmelsthür.

Nur ein paar Schritte weiter stehen Parkbesucher kopfschüttelnd vor den Ortsschildern von Petting, Fucking, Sexau, Poppendorf, Busenberg, Fickmühlen, Tittenkofen und Wixhausen. Ungläubiges Schmunzeln macht sich vor den Ortstafeln aus Pissen, Strullendorf, Grossmuss, Meinkot, Unterkaka und Oberanschissing breit. Ja, es gibt sogar Orte, die Oberhäslich, Blödesheim und Deppenhausen heißen. Der Standort des Fernweh-Parks im Fichtelgebirge, Oberkotzau, hat es mit seinem eigentümlichen Namen 1954 sogar in ein Micky Maus Heft geschafft.

Das meistgeklaute Ortsschild ist übrigens das von Fucking. An allen vier Ortseinfahrten mussten die Tafeln angeschweißt, vernietet und an Befestigungsstangen einbetoniert werden, um Souvenirjägern Einhalt zu gebieten. „Bitte schrauben Sie Schilder nicht einfach ab!“, warnt der Betreiber des Fernweh-Parks Klaus Beer eindringlich. „Am besten fragen Sie beim Bürgermeister nach. Wenn Sie dort unsere Webseite angeben und die Stadt den Werbeeffekt erkennt, den sie mit ihrem Schild erreicht, bekommen Sie höchstwahrscheinlich eines geschenkt.“

So hat es vielleicht auch der britische Sänger Ross Antony gemacht, der dem Fernweh-Park 2016 die Tafel mit dem längsten Ortsnamen Europas überreichte. Das Ortschild von Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch in Wales ist ganze 18 Meter lang.

Doch Klaus Beer führt mehr im Schilde als Amüsieren, Unterhalten und Reisefieber schüren. „Der Fernweh-Park ist nicht nur buntes Blech auf Holz“, sagt er mit ernster Miene. „Es ist ein multikulturelles und völkerverbindendes Friedensprojekt. Wir haben den Park ganz bewusst am 9.11.1999, exakt zehn Jahre nach dem Mauerfall errichtet als Zeichen für Völkerverständigung, grenzenlose Freiheit und gegen Fremdenhass.“

Deshalb soll der Park auch kommerzfrei bleiben und jederzeit für alle Menschen kostenlos zugänglich sein. Mehr als 300 Prominente haben das Projekt bereits mit signierten Grußschildern oder Handabdrücken unterstützt. Im Parkbereich „Signs of Fame“ haben sich unter anderem Kevin Costner, Arnold Schwarzenegger, Thomas Gottschalk, Helene Fischer, Boris Becker, Peter Maffay und der Dalai Lama verewigt. Jetzt soll der Park in einem nahegelegenen Wohngebiet sogar ein eigenes Straßenschild erhalten, die „Fernweh-Park-Straße“.