Haftpflicht-Streit: Schwarz-Rot macht Hebammen Hoffnung
Bundesregierung sucht nach Modellen, wie explodierende Prämien verhindert werden können. Fondslösung in der Diskussion.
Berlin. Die freiberuflichen Hebammen in Deutschland können wieder etwas optimistischer in die Zukunft blicken: Beim Problem ihrer Haftpflichtversicherung zeichnet sich eine Lösung ab. „Die gute Nachricht ist, dass wir eine Lösung hinbekommen, allerdings wird sie kompliziert werden“, sagte der Gesundheitsexperte der SPD, Karl Lauterbach, Freitag unserer Zeitung. Ähnliche Signale gab es auch von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Details wurden allerdings noch nicht genannt.
„Der Versicherungsmarkt für Hebammen bricht zusammen.“ Mit dieser Meldung hatten zwei Berufsverbände der Geburtshelferinnen im Februar die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Zuvor war bekanntgeworden, dass sich die „Nürnberger Versicherung“ zum 1. Juli 2015 aus dem Geschäft mit den freiberuflichen Hebammen zurückziehen will. Damit würde eine der letzten Versicherungsmöglichkeiten für die Betroffenen verschwinden. Viele von ihnen fürchten deshalb um ihre berufliche Existenz. In Deutschland wird etwa jede fünfte Geburt von freien Hebammen betreut.
Hintergrund für die Versicherungsprobleme sind die massiv gestiegenen Kosten bei Geburtsschäden. Unterläuft einer Hebamme bei der Geburt eines Kindes ein schwerer Fehler, summieren sich die Zahlungen der Versicherer leicht auf mehrere Millionen Euro. Zumal selbst Schwerstgeschädigte dank des medizinischen Fortschritts eine steigende Lebenserwartung haben. Die monatlichen Therapiekosten können dafür bis zu 20 000 Euro betragen.
Nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sind derzeit knapp 18 000 freiberufliche Hebammen tätig, von denen sich aber die meisten nur mit der Vor- und Nachsorge beschäftigen. Rund 5000 freie Hebammen kommen auch bei der Geburtshilfe zum Einsatz. Sie müssen inzwischen Haftpflichtprämien von mehr als 4200 Euro im Jahr bezahlen. Das ist beinah eine Verzehnfachung der Kosten in den vergangenen zehn Jahren.
Ein GKV-Sprecher wies allerdings darauf hin, dass die Krankenkassen die Kostensteigerungen für die Berufshaftpflicht der Hebammen zuletzt immer übernommen hätten. Eine tagsüber stattfindende Hausgeburt wurde von den Kassen vor sechs Jahren noch mit 670 Euro vergütet. 2013 waren es schon 1058 Euro. Davon sind 200 Euro für die Haftpflichtprämie einkalkuliert. Wer vielen Kindern auf die Welt hilft, kommt damit gut über die Runden. Hebammen mit wenigen Geburten haben das Nachsehen.
Im Gespräch ist deshalb, die Höhe der Pauschalen zum Ausgleich der Versicherungskosten nach der Anzahl der Geburten zu staffeln. Diskutiert wird auch über eine Fondslösung, bei der der Schadenersatz ab einer bestimmten Obergrenze aus Steuermitteln beglichen wird. Dafür machten sich mehrere Länder im Bundesrat stark. Zunächst müssten die Versicherer aber ihren Marktausstieg revidieren. Gesundheitsminister Gröhe zeigte sich zuversichtlich: „Ich bin sicher, dass sich die Versicherungswirtschaft ihrer Verantwortung bewusst ist und es bald eine Lösung geben wird.“ Nach Einschätzung des SPD-Experten Lauterbach könnte es „in etwa drei Wochen“ so weit sein.