Exklusiv-Interview Hartmut Hopp - Erstmals redet der frühere Sektenarzt von Colonia Dignidad
Hartmut Hopp, der in Chile zu fünf Jahren Haft verurteilt und geflohen war, lebt seit Jahren in Krefeld. Er spricht über die Zustände in der berüchtigten Siedlung. Und gibt zu, von Gewalt gewusst zu haben, weist aber eigene Verantwortung von sich.
Krefeld. Es ist ein ungleiches Paar, das da die Konferenz-Etage des Medienhauses in Krefeld betritt. Hartmut Hopp, ehemaliger Leiter des Krankenhauses der berüchtigten deutschen Sekten-Kolonie „Colonia Dignidad“ in Chile, trägt einen konservativen Anzug, Marke unauffällig, er atmet sogar leise. Sein Anwalt Helfried Roubicek ist gerade von der Ostsee angereist. Markanter Vollbart, Hut, offensiv. Er kennt sich mit großen Fällen aus, hat unter anderem Reemtsma-Entführer Thomas Drach verteidigt. Und er hat seinen Mandanten, der als ein führender Kopf der Folter-Sekte gilt, davon überzeugt, reinen Tisch zu machen. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Hartmut Hopp exklusiv und erstmals seit seiner Flucht vor der chilenischen Justiz über das Leben in der Colonia, seine Schuld, die Mitverantwortung deutscher Behörden, über Folter, Mord und Kindesmisshandlung.
Herr Dr. Hopp, ist in der Colonia Dignidad gefoltert, vergewaltigt, gemordet worden?
Hopp: Mit heutigem Wissen muss ich sagen: ja.
Dabei ist die Liste der Vorwürfe gegen Sie lang: rechte Hand des Sektenführers Paul Schäfer, „Außenminister“ der Colonia Dignidad — im folgenden CD genannt — und Kontaktmann zu Pinochets Geheimdienst DINA, Beihelfer zu sexuellem Missbrauch an kleinen Jungen und schließlich als Klinikleiter mitverantwortlich für Folter, Medikamentenmissbrauch und sogar Mord. Sind Sie schuldig?
Hopp: Ich werde zu allen Vorwürfen detailliert Stellung beziehen. Aber soviel möchte ich schon sagen: Ja, rückblickend muss ich sagen, dass ich mich mitschuldig gemacht habe, nicht jedoch in tatsächlicher und somit juristischer Hinsicht, sondern weil ich nicht die Vertrauensperson für die Opfer von Schäfer war, die ich hätte sein wollen und sollen, wie die Einzelnen mir auch jetzt offenbart haben. Niemand hat gewagt, sich mir anzuvertrauen. Das kann ich nicht abschütteln. Aber weder habe ich ihn irgendwie in dieser Hinsicht unterstützt noch habe ich von dessen perversen Praktiken Kenntnis gehabt, die mir 2002 Eltern jugendlicher CD-Mitglieder wie auch später einige der misshandelten Jugendlichen selbst offenbart haben.
Jahrelang haben Sie geschwiegen. Jetzt geben Sie ihr erstes Interview seit Ihrer Flucht aus Chile, exklusiv für unsere Zeitung. Warum? Und warum jetzt?
Hopp: Ich bin an sich kein Mensch, der sich gern öffnet. Ich habe feststellen müssen, dass durch viele Presse- und TV-Berichte über mich ein Eindruck über mein Wirken entstanden ist, der nicht der Wahrheit entspricht. Ihre Zeitung, weil ich von ihr eine faire Berichterstattung erwarten kann. Juristisch ist jetzt die Phase gekommen, wo wir auf eine Entscheidung warten, darum jetzt.
Zu den einzelnen Vorwürfen: Die CD soll im Auftrag der Militär-Junta Pinochets gefoltert und getötet haben. Entspricht das den Tatsachen?
Hopp: Laut meinen Erkenntnissen, die ich erst seit etwa 2005 aufgrund von Aussagen von zwei Personen habe, hat es auf dem Gelände der CD Hinrichtungen und Folter gegeben, die von militärischem Personal in den zwei auf den Militärputsch vom September 1973 folgenden Jahren durchgeführt worden sein sollen. Jedoch nicht durch die Gemeinschaft oder ihre Mitglieder selbst. Die CD-Mitglieder, die das wussten, haben es in stoischer Selbstverleugnung getragen und darüber absolutes Schweigen gehalten.
Die Menschenrechtsorganisation ECCHR hat dokumentiert, Sie persönlich seien ab Mitte der Siebziger für den chilenischen Geheimdienst Dina tätig gewesen. Ist das korrekt?
Hopp: Diese so genannte Dokumentation ist reine Phantasie. In den Jahren 1971 bis 1978 war ich völlig ausgelastet mit meinem Medizinstudium in Chile, einschließlich vieler freiwilliger Arbeit als Medizinstudent in verschiedenen Krankenhäusern in dem 400 Kilometer entfernten Santiago, worüber entsprechende Urkunden vorliegen.
Kannten Sie den chilenischen Diktator Pinochet persönlich? Dokumentationen bezeichnen Sie als Außenminister der Colonia Dignidad?
Hopp: Ich habe ihn bei drei Gelegenheiten als einer unter vielen CD-Mitgliedern getroffen, dabei habe ich beim letzten Mal 1996 als Übersetzer für Heinrich Schlüter, den Direktor unseres CD-Orchesters, funktioniert. Bei dieser Gelegenheit ist ein Foto entstanden, das mich in der Nähe von Pinochet zeigt und in den Medien kursiert, und insofern einen falschen Eindruck der nicht vorhandenen Nähe vermittelt. Persönlich hatte ich nie mit Pinochet Umgang.
Aber Sie sind nach außen als offizieller Vertreter der Colonia Dignidad aufgetreten.
Hopp: Zur Anhörung vor einem Ausschuss habe ich 1988 als Vertreter der Colonia Dignidad im Bonner Bundestag aufgrund der Einladung vorgesprochen und zu Beschuldigungen Stellung bezogen, die ehemalige CD-Mitglieder in Deutschland vorgebracht hatten und die ich zu diesem Zeitpunkt noch als absolut unrealistisch erachtet hatte. Dies aber nur in Vertretung von Hans-Jürgen Blanck, dem das Auswärtige Amt keinen Reisepass ausstellen wollte. Zum anderen habe ich in TV-Auftritten und Interviews versucht, als Klinikleiter in den 90ern das Krankenhaus zu retten, als ihm die Gemeinnützigkeit und damit die finanzielle Basis entzogen werden sollte. Dem Krankenhaus, und nur ihm, galt immer mein voller Fokus.
Sie haben 1978 dessen Leitung übernommen. Wer wurde dort behandelt?
Hopp: Das Krankenhaus der CD wurde 1968 unter der Leitung von Dr. Gisela Seewald in Betrieb genommen und vom chilenischen Staat seit 1970 mit Medikamenten und anderweitig unterstützt. In den etwa 30 Jahren seiner Existenz waren dort mehr als 25 000 chilenische Patienten aus der näheren und auch entfernten Umgebung registriert. In den Jahren ab 1976, als ich besuchsweise dort arbeitete, bis 1997 wurden mehr als 7000 chirurgische Eingriffe vorgenommen, zu denen oft auswärtige Fachärzte anreisten. Über 2000 Kinder sind in der Zeit dort zur Welt gekommen, etwa 250 davon per Kaiserschnitt. Dazu kommt eine Anzahl von mehreren hunderttausend ambulanten und stationären Betreuungen, für die das Krankenhaus 30 Erwachsenen- und 40 Kinderbetten unterhielt.
Sie behaupten, als Leiter des CD-Krankenhauses auch keine interne Führungsrolle bekleidet zu haben in der Colonia Dignidad. Wie passt das zusammen?
Hopp: Die Führung der CD war ein absoluter Ein-Mann-Betrieb, in dem bei der Person von Paul Schäfer alles zusammenlief. Selbst im Krankenhaus galt er - für die CD intern - als oberster Chef. Die Frage der CD-Leitung oder Führung trat jedoch auf, wenn Schäfer aus Abwesenheitsgründen nicht ansprechbar war. Für diese Fälle war geregelt, wer zu bestimmen hatte, da Schäfer dem- oder denjenigen absolut vertraute. Eine solche Rolle habe ich nie gehabt. Es wäre auch niemals jemand zu mir gekommen, um von mir Entscheidungen außerhalb des Krankenhausbereiches einzuholen. Auch hatte ich nie irgendwelche Vollmachten von Konten oder über Gelder, sogar die für die Ausgaben des Krankenhauses benötigten Gelder wurden ausschließlich von den Vertrauensleuten Schäfers verwaltet.
Das klingt so, als inszenierten Sie sich als unwissender Guter unter den Bösen.
Hopp: Dessen bin ich mir absolut bewusst. Es ist jedoch keine Inszenierung, sondern die Wahrheit.
Aber Sie wussten davon, dass junge Menschen in Ihrem Krankenhaus willkürlich mit Psychopharmaka behandelt wurden und Elektroschocks ausgesetzt waren.
Hopp: Zur Behandlung psychischer Erkrankungen und unter Hinzuziehen externer Psychiater, ja. Ich wusste nicht, dass Schäfer diese Methoden über meine Kollegin Gisela Seewald dahingehend ausgeweitet hatte, Elektroschocks auch als Sanktionierungsmethoden einzusetzen. Das belegt im Übrigen auch eine eidesstattliche Erklärung, die Frau Seewald 2012 vor einem Notar unterschrieben hatte und die wir Ihnen als erste zur Kenntnis geben. Darin steht unter anderem, dass Seewald die volle Verantwortung trägt und Schäfer angeordnet hatte, meine Person ausdrücklich nicht über die Vorgänge zu informieren. Ich galt für ihn offenbar als eine Art Sicherheitsrisiko.
Schäfer wollte den Jugendlichen damit die „Besessenheit“ austreiben. Wollen Sie behaupten, Sie hätten nicht mal etwas geahnt?
Hopp: Konkretes zur Besessenheit weiß ich erst seit Frau Seewalds Erklärung. Ja, ich habe es geahnt und ich habe Anzeichen gesehen, aber ich konnte und wollte nicht nachforschen. Es hätte zu einer Auseinandersetzung führen können, die eventuell in einer Tragik geendet hätte.
Was heißt das konkret? Hatten Sie Angst vor Schäfer oder vor der Gemeinschaft?
Hopp: Ja, die Angst vor der Gemeinschaft war immer latent. Schäfer hat es ganz gezielt verstanden, jede kleinste Opposition in einer solchen Form vor der Öffentlichkeit auszugrenzen. Das Problem war, dass intern ein religiöser als auch moralischer Zwang existierte, dass jeder sich gezwungen fühlte, alles, was gegen die Grundsätze ging, Schäfer zu unterbreiten. Sicher auch ein Grund, warum Schäfer die Wohngruppen nach Geschlecht und Alter trennte. Es gab ein unausgesprochenes Redeverbot. Vertrauensverhältnisse untereinander wurden verhindert. Ich wurde Zeit meines CD-Lebens von Paul Schäfer überwacht, weil er mir wohl nie traute.
Und Sie haben gewusst, dass Jugendliche bei Verstößen gegen Schäfers Regeln oftmals geschlagen und misshandelt wurden?
Hopp: Ja, das war mir bekannt. Schäfer selbst hat zwar weniger selbst Hand angelegt, jedoch hatte er seine entsprechenden Vertrauenspersonen, die die Jugendlichen schlugen.
Wissen Sie auch, warum das Lager abgeschottet wie ein Militärgelände war?
Hopp: Die von Schäfer stets angewendete Erklärung war, dass man sich gegen Eindringlinge — welcher Art auch immer — zu schützen habe. Nachdem nun die ganze Wahrheit ans Tageslicht gekommen ist, liegen wohl zwei Aspekte nahe: Sein ausgesprochener Verfolgungswahn und die Absicht, zu verhindern, dass jemand die CD gegen Schäfers Willen verließ. Dabei hatten Tausende Zugang, die Krankenhaus, Werkstätten, Verkaufslokale etc. besuchten, plus aller täglich von außerhalb kommenden Arbeiter und Angestellten. Der Verkehr war ab den 80er Jahren jedoch intensiver als vorher.
Offenbar hat es auch einen regen Waffenhandel samt Produktion gegeben. Und es gab enge Kontakte von Schäfer zum Königswinterer Waffenhändler und Ex-SS-Offizier Gerhard Mertins.
Hopp: Mertins sollte wohl im Auftrag des Bundesnachrichtendienstes kontrollieren, ob es militärische Aktivitäten in der Colonia Dignidad gegeben hat. Meines Wissens hat Mertins festgestellt, dass die Sorge nicht begründet war. Es war mir auf jeden Fall bekannt, dass Waffen angeschafft und produziert wurden. Allerdings, so meine Information, um Widerstand gegen die vielen bewaffneten Überfälle auf größere Ländereien seinerzeit während der Jahre vor dem Militärputsch leisten zu können.
Mertins hat sogar den „Freundeskreis Colonia Dignidad“ gegründet.
Hopp: Darüber weiß ich nichts Näheres.
Das Leben in der CD wird als hierarchisch, streng und brutal charakterisiert. Auch, wie Sie es beschreiben.
Hopp: Bis zur Aufdeckung der wahren Sachverhalte im Jahre 2002 war Paul Schäfer für mich und für viele andere in der CD eine, wenn auch vielfach nicht verstandene, aber von Gott bestätigte und von allen akzeptierte Leitfigur, die uns ein Leben der Zucht, Ordnung und Selbstlosigkeit sowie des absoluten Gehorsams auf der Grundlage der Bibel abverlangte. Andererseits waren Bestrafungen und Erniedrigungen zwar über viele Jahre ein unvergesslicher Bestandteil meiner Lebensgeschichte, Tiefen, die ich jedoch in der Überzeugung, dass christliches Leben nicht ohne Selbstverzicht möglich ist, immer wieder überwinden konnte. Niemand hätte Schäfers Untadeligkeit infrage gestellt. Das Erwachen aus diesem Lebensbild war eine grausame und perverse Realität, die mich auch heute noch extrem belastet und mir immer wieder innere „schmerzhafte“ Vorwürfe bereitet.
Warum und wie sind Sie überhaupt zur Colonia Dignidad gekommen?
Hopp: Ich bin als Halbwaise aufgewachsen und konnte mich in das spätere Familienleben der zweiten Ehe meiner Mutter nicht integrieren, weshalb ich zum Zweck meiner Erziehung auf Veranlassung meiner Mutter und meines Stiefvaters in das Jugendheim der Privaten Sozialen Mission in Siegburg eingewiesen wurde. Dort war Schäfer aktiv. Ich habe aber nie sein Vertrauen genossen.
Trotzdem sind Sie ihm nach Chile gefolgt. Hat er auch Sie sexuell missbraucht?
Hopp: Nein. Und ich möchte auch hervorheben, dass ich nicht „ihm“ gefolgt bin, sondern meiner religiösen Überzeugung. Diese und die Tatsache, dass meine ganze Familie in der CD lebte, waren es auch, die mich davon abhielten, im weiteren Verlauf meiner Zugehörigkeit zur CD aufgrund meiner demütigenden Erlebnisse die Flinte ins Korn zu werfen.
Immerhin genossen Sie besondere Privilegien. Sie durften das Lager für ein Studium in den USA verlassen, später sogar heiraten.
Hopp: Ursprünglich war es eine Gruppe von vier Studienanwärtern, von denen einer tödlich verunglückte, zwei weitere ein Jahr vor mir in die USA gegangen waren, sich aber entschieden, dort zu bleiben. Mein Studium wurde erlaubt, weil ich Medizin studieren wollte, was eine dringende Notwendigkeit darstellte, und der damalige administrative CD-Leiter Hermann Schmidt sich für mich einsetzte, obwohl Schäfer eigentlich aus Misstrauen mir gegenüber dieses Vorhaben nicht teilte. Meine Heiratsabsichten hatte ich Schäfer bereits 1971 als Student an der Katholischen Universität vorgetragen, die er zunächst ablehnte, ihr jedoch nach fünf langen Jahren zustimmte. Vorher hatten andere geheiratet, weshalb es kein Privileg war.
Apropos privilegiert. Das war auch die Colonia Dignidad bei den deutschen Behörden, oder?
Hopp: Ich kann da nur einzelne Dinge sagen. Ich weiß heute, dass es einzelne Personen der CD gegeben hat, die die deutsche Botschaft um Hilfe gebeten hatten und denen diese Hilfe dort versagt worden war. Etwa die Zuflucht auf das Botschaftsgelände. Mindestens Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre hat die Botschaft mit der CD kooperiert. Und 1988 hat das deutsche Außenministerium die Arbeit der Bundestagskommission zur CD absolut boykottiert. Zum Beispiel, indem es die Ausreisegenehmigung für Blanck verweigerte.
Sie selbst sehen sich nicht als Täter. Aber Sie wurden in Chile zu fünf Jahren Haft wegen eben dieser Vorwürfe rechtskräftig verurteilt. Wie kommt es dazu?
Hopp: Die chilenische Regierung hat sich in dem Strafverfahren zur Partei gemacht und argumentiert, dass Schäfer die von ihm verübten Straftaten nicht alleine begangen haben konnte, also Mithelfer haben musste, welche nur die Führungsleute der CD sein konnten. Beweise für diese Behauptung wurden in Chile nicht erbracht. Eine wirksame Beweiswürdigung gab es in Chile gar nicht. Der Staatsanwalt war gleichsam der Richter. In Deutschland verspreche ich mir nun eine sorgfältige und faire Auseinandersetzung mit allen unseren Einreichungen seitens des Landgerichts.
Allerdings ist in Deutschland auch noch ein Verfahren wegen Mordes gegen Sie anhängig.
Hopp: Diese Vorwürfe belasten mich und meine Familie sehr, auch wenn sie nicht haltbar sind. Es wurde in Chile konstruiert, dass ich ein Fahrzeug besessen haben soll, das ehemals Entführten gehört haben könnte. In zweiter Instanz wurde dieses Argument in Chile verworfen. In Deutschland wird der Vorwurf juristisch trotzdem aufrecht erhalten, aber es tut sich nichts seit Jahren. Ich habe mit der Sache nichts zu tun.
Haben Sie Angst vor der anstehenden Entscheidung Exequaturverfahren (Vollstreckung eines ausländischen Urteils im Inland)?
Hopp: Nein, ich habe gar keine Angst mehr. Ich habe mit meinem Leben abgeschlossen, allerdings hätte ich all die Jahre in Deutschland noch gerne als Arzt gearbeitet - und würde das auch noch tun . . .
Und mit Ihrer Vergangenheit und Schäfer?
Hopp: Ich habe im Nachhinein viele Gespräche mit Menschen geführt, die Schäfer manipuliert oder gar missbraucht hat. Das hat mich erschüttert. Aber ich habe ihm verziehen. Das gehört zu meinem Glauben, der mich mein ganzes Leben geleitet hat.
Ist es korrekt, dass Sie in Krefeld die Freie Volksmission besuchen?
Hopp: Das ist meine Privatsache, dazu möchte ich nichts sagen.
Sind Sie deshalb nach Krefeld geflüchtet, so wie offenbar viele andere Mitglieder der Colonia Dignidad? Haben Sie weiterhin Kontakt untereinander?
Hopp: Nein, es waren vor allem familiäre Gründe. Und so viele CD-Mitglieder leben auch nicht hier. In Krefeld sind es 14, im Umkreis nochmal zehn. In Gronau und der Eifel, wo einige in mittelständischen Unternehmen arbeiten, gibt es größere Gemeinden. Natürlich habe ich auch noch Kontakt zu CD-Mitgliedern. Auch zu meinem Bruder fast wöchentlich via Skype. Der lebt noch in Chile auf dem CD-Gelände, heute Villa Baviera.
Hand aufs Herz: Können Sie nachts in Ruhe schlafen?
Hopp: Nein, das kann ich nicht. Jedoch nicht wegen der Vorwürfe, da sie ja unbegründet sind, sondern wegen der Hetzkampagne verschiedener Medien. Allerdings beschäftigt oder grämt mich auch die Frage, ob ich eventuell doch an irgendeiner Stelle versagt habe, hätte etwas abwenden können, etwas von dem unsagbaren Leid, von dem ich erst in den letzten Jahren erfahren habe hätte verhindern können. Ich gäbe sehr viel darum. Allerdings ist es etwas anderes, mit dem jetzigen Kenntnisstand die Dinge im Rückblick zu beurteilen, als ich es seinerzeit vermochte.