Hartz IV: SPD will Erhöhung ohne Gesetz
Berlin (dpa) - Wegen des absehbaren Scheiterns der Hartz-IV-Reform im Bundesrat fordert die SPD, dass die Regelsätze auch ohne neues Gesetz pünktlich zum Jahreswechsel erhöht werden.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte am Mittwoch in Berlin, er werde schon in der ersten Sitzung des Vermittlungsausschusses beantragen, dass die höheren Hartz-IV-Sätze ab 1. Januar ausgezahlt werden. Hier gebe es kein finanzielles Risiko, weil keine Partei einen niedrigeren Satz als die angepeilten 364 Euro anstrebe.
Der Bundestag hatte beschlossen, den Hartz-IV-Satz für allein stehende Erwachsene um monatlich fünf Euro anzuheben. Im Bundesrat hat Schwarz-Gelb aber keine Mehrheit, weshalb das Gesetz nach der Abstimmung am Freitag wohl im Vermittlungsausschuss landet. Eine Einigung vor dem 1. Januar gilt als unwahrscheinlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte allerdings zur Eile. Im Sinne der Betroffenen sollte im Ausschuss eine schnelle Entscheidung herbeigeführt werden, sagte sie der „Bild“-Zeitung (Donnerstag).
Teil der geplanten Reform ist auch ein „Bildungspaket“ für die 2,3 Millionen Kinder aus Hartz-IV-Familien, das Zuschüsse für Schulessen und Nachhilfe sowie für Sport- und Kulturangebote vorsieht. Zumindest dieser Teil des Gesetzespakets wird möglicherweise unabhängig von den Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat pünktlich umgesetzt werden.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) strebe zum 1. Januar ein vorläufiges Basisangebot an, sagte eine Behördensprecherin der dpa in Nürnberg. „Wir sind darauf eingestellt, ein entsprechendes Grundangebot zu liefern.“ Allerdings werde derzeit noch von Juristen im Arbeitsministerium geprüft, ob dies tatsächlich ohne gesetzliche Grundlage möglich sei.
Das Bundeskabinett bereitete sich bereits auf ein Scheitern im Bundesrat vor. Die Ministerriege beschloss am Mittwoch, für diesen Fall den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, der schon am kommenden Montag erstmals tagen soll.
Opposition und SPD-Länder wollen in dem Gremium Verbesserungen für die Betroffenen durchsetzen. Die fünf sozialdemokratisch geführten Bundesländer Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Bremen und Nordrhein-Westfalen plädieren unter anderem dafür, dass die Regelsätze auf mindestens 400 Euro steigen. Zudem sollten auch Kinder von Geringverdienern vom Bildungspaket profitieren, nicht nur die Kinder von Hartz-IV-Empfängern, forderte Berlins Beauftragte für den Bund, Monika Helbig (SPD).
Zudem möchten die SPD-Länder die vorgesehenen 740 Millionen Euro für das Bildungspaket lieber in den Ausbau der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche stecken. Auch Oppermann will mehr Geld für Ganztagsschulen anstelle der geplanten „Gutscheinbürokratie“. Diana Golze von der Linken plädierte ebenfalls für eine Anhebung der Regelsätze auf mindestens 400 Euro, ihre Parteivorsitzende Gesine Lötzsch machte sich im „Hamburger Abendblatt“ (Mittwoch) sogar für monatlich 420 Euro stark.