Zitat falsch wiedergegeben Hass im Netz - Renate Künast gewinnt zwei Gerichtsverfahren

Frankfurt/Main · Die Grünen-Politikerin Künast gehört zu den Hassfiguren bei Rechten. Gegen Anfeindungen im Netz wehrt sich die ehemalige Bundesministerin juristisch - und hatte nun Erfolg. In zwei Fällen ging es um etwas, das sie vor mehr als drei Jahrzehnten gesagt hat.

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) kämpft gegen Hass im Netz. Nun gewann sie zwei Gerichtsverfahren.

Foto: dpa/Soeren Stache

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast hat sich im Kampf gegen Hass im Netz in zwei Prozessen am Frankfurter Landgericht durchgesetzt. Hintergrund ist in beiden Fällen ein Zwischenruf von Künast aus den 80er Jahren im Zusammenhang mit der Pädophilie-Debatte bei den Grünen. Zunächst hatte die „Berliner Morgenpost“ berichtet.

Bereits Ende Januar verurteilten die Richter den als Rechtsextremisten bekannten Sven Liebich zu einer Strafe von 10 000 Euro, wie eine Gerichtssprecherin am Donnerstag bestätigte. Dieser habe in einem Facebook-Eintrag Künast nicht korrekt wiedergegeben. Im zweiten Fall verurteilte das Gericht einen AfD-Mitarbeiter zur Zahlung von 3000 Euro.

Der Zwischenruf Künasts erfolgte 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus. Ein CDU-Abgeordneter hatte eine andere Abgeordnete gefragt, wie sie zu einem Antrag der Grünen in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung wegen sexueller Handlungen an Kindern aufzuheben. Der Zwischenruf Künasts lautete nach Gerichtsangaben: „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist.“ Dies habe Liebich auf Facebook aufgegriffen und unter anderem hinzugefügt, Künast habe erklärt, wenn keine Gewalt im Spiel sei, sei Sex mit Kindern „ganz ok“. Dieses Zitat sei falsch, erklärte die Sprecherin. Zudem erwecke der Autor den Eindruck, es handele sich um eine aktuelle Äußerung.

In den 80er Jahren gab es um Umfeld der Grünen und in der Partei Bestrebungen, freiwilligen Sex zwischen Kindern und Erwachsenen nicht mehr zu bestrafen. In der Öffentlichkeit, aber auch bei den Grünen selbst gab es dagegen heftigen Widerstand. Vor der Bundestagswahl 2013 holte die Vergangenheit die Partei ein, sie bemühte sich um eine umfassende Aufarbeitung.

Im zweiten Fall hatte ein AfD-Mitarbeiter in einem Tweet 2015 geschrieben: „Renate Künast 1986 zum Thema Sex mit Kindern: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist."“ Dazu erklärte die Sprecherin: „Bemängelt wurde von der Kammer des Landgerichts, dass das Zitat zwar eine richtige Tatsachenbehauptung enthielt, aber bewusst unvollständig berichtet wurde, so dass bei einem Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen könne.“ Laut Gericht können beide Beklagte gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Künast sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag): „Das ist wichtig als klare Botschaft an die rechtsextremistischen Strukturen, in denen sich auch Sven Liebich in Halle aufhält.“ So werde der Methode des Erfindens von Zitaten, um Hass und Hetze zu schüren, eine deutliche rechtliche Grenze gesetzt. Anna-Lena von Hodenberg von der Initiative HateAid, die Künast bei ihrer Klage unterstützte, erklärte mit Blick auf die Entscheidung gegen den AfD-Mitarbeiter: „Dieses Urteil ist wichtig. Es macht deutlich, dass Falschzitate keine Kavaliersdelikte sind.“ Tausendfach verbreitet im Netz könnten sie nicht nur den Ruf oder die Karriere von Menschen, sondern im schlimmsten Fall auch deren Leben zerstören.

(dpa)