Meinung Bei der CDU ziehen nun andere die Fäden
Meinung · Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Rückzug von der Macht angekündigt – und sie damit schon verloren. Nun bringen sich die möglichen Nachfolger in Stellung – und dürften bald die „Merkel-Frage“ stellen.
Es ist aller Ehren wert, dass Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Partei nicht in einem noch größeren Chaos zurücklassen will. Das hat auch etwas mit Selbstachtung zu tun. Aber die Saarländerin ist einer Fehleinschätzung unterlegen: Zu meinen, dass man als Königin ohne Land und Volk den Prozess der Übergabe noch irgendwie steuern und organisieren kann, ist ein Irrglaube. Das hat Angela Merkel nach dem Verzicht auf den Parteivorsitz auch nicht geschafft. Obwohl sie Kanzlerin geblieben ist. Oder gerade deswegen.
Wer den Rückzug von der Macht ankündigt, der hat sie schon verloren. Sofort. Warum sollte sich Kramp-Karrenbauer ausgerechnet jetzt durchsetzen können, wo ihr das doch in anderen wichtigen Fragen nicht gelungen ist? Stichwort CDU in Thüringen und das unklare Verhältnis dort zur AfD.
Im Hintergrund werden nun jene die Fäden ziehen, die sich für den Titelkampf am geeignetsten halten: Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn. Und selbstverständlich der selbstbewusste Bayer Markus Söder. Sie werden versuchen, die eigenen Truppen hinter sich zu sammeln, um innerparteilich in eine Position der Stärke zu gelangen. Nicht ganz ausgeschlossen ist auch, dass sie gleich untereinander ausklüngeln, wer am besten in der Lage sein wird, die zerrissene Partei wieder zu einen, Wähler zurückzugewinnen und die Union aus dem Umfragetief zu führen. Wobei das bei den großen Egos der potentiellen Kandidaten die unwahrscheinlichste Variante ist. Jedenfalls wird AKK für den Klüngel nicht mehr gebraucht. Angela Merkel aber auch nicht.
Bei CDU und CSU haben sie daher erkannt, dass der Zeitplan der Vorsitzenden nur Risiken und keine Sicherheiten beinhaltet. Manch einer denkt ja schon weiter: Im kommenden Jahr finden fünf Landtagswahlen statt. Bis dahin muss das personelle Hauen und Stechen in der Union klar überwunden sein und der Neue sich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat stabilisiert haben, um mit voller Kraft in die Wahl-Auseinandersetzungen zu gehen. Deswegen könnte dann auch die Kanzlerin genötigt sein, deutlich vor der Bundestagswahl den Weg ins Kanzleramt freizumachen.
Denn das Thema „wie weiter mit Merkel“ ist noch lange nicht vom Tisch. Wann immer auch die K-Frage in den nächsten Wochen oder Monaten geklärt werden wird, es wird sich sofort erneut die Frage stellen, ob sich der Kandidat ein ähnliches Schicksal wie Kramp-Karrenbauer zumuten will – nämlich lediglich neben oder hinter Merkel zu laufen. Die Antwort dürfte lauten: sicherlich nicht. Dann könnte schnell ein mutiger Parteifreund bei der Kanzlerin im Amt vorstellig werden, um ihr zu sagen: Angela, es reicht. Mach Platz.