Hartz IV Hilfe für Langzeitarbeitslose gesucht
Sorgen wegen Griechenland und stabiler heimischer Jobmarkt - der Blick richtet sich derzeit kaum auf die Abgehängten in Deutschland. Dabei sind es viele. Grundsätzliche Abhilfe gibt es trotz immer neuer Programme bisher nicht.
Berlin. Trotz aller Unsicherheiten wegen Griechenland und anderer Krisen in der Welt bleibt die Arbeitslosigkeit in Deutschland mit 2,7 Millionen Jobsuchenden auf einem Rekordtief. Während Fachleute rätseln, wie lange die gute Lage anhält, sind viele Langzeitarbeitslose auf Dauer abgehängt. Welche Pläne und Positionen gegen Langzeitarbeitslosigkeit gibt es aktuell?
DAS PROBLEM: Von 2007 bis 2009 ging die Langzeitarbeitslosigkeit um über ein Drittel auf 1,1 Millionen zurück. Seither hält sich die Zahl hartnäckig bei rund einer Million Menschen. Schätzungen zufolge haben bis zu 200 000 kaum Chancen am ersten Arbeitsmarkt. Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) finanzierte Kurzzeittrainings etwa für Bewerbungen oder EDV-Handhabung halfen in der Vergangenheit oft wenig. Die BA bietet weitere Möglichkeiten - etwa die Betreuung auch nach Job-Vermittlung oder Ausbildung für Ältere.
HINDERNISSE FÜR DEN ZUGANG ZUM JOB: Meist kommt allerhand zusammen - etwa fehlende Abschlüsse, Gesundheitsprobleme, schon langes Angewiesensein auf Hilfe, aber auch Mutterschaft vor allem bei Alleinerziehenden oder fortgeschrittenes Alter. Bei sieben von zehn Betroffenen trifft mehreres gleichzeitig zu.
LEISTUNGEN UND PROGRAMME: Um Betroffene in Arbeit zu bringen, gibt es verschiedene reguläre Leistungen und Modellprogramme. Immer wieder werden Erwartungen enttäuscht - Beispiel: ein-Euro-Jobs. Teilnehmer erhalten neben dem Arbeitslosengeld II eine Aufwandsentschädigung von ein bis zwei Euro pro Stunde. Die Jobs dürfen reguläre Stellen nicht verdrängen. Sie fungieren aber auch nur wenig als Brücke in den ersten Jobmarkt - und sind ziemlich aus der Mode geraten.
SOZIALE TEILHABE: Ein von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im November angekündigtes Programm dieses Namens startet nun für bis zu 10 000 „sehr arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose“ vor allem mit Gesundheitsproblemen oder Kindern - Kosten: 450 Millionen Euro bis Ende 2018. Reguläre Jobs sollen nicht verdrängt werden, die Arbeitsverhältnisse sollen im öffentlichen Interesse liegen. 261 Jobcenter mit 19 938 Plätzen haben sich um Teilnahme beworben. Ein weiteres aktuelles Programm aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Bundes dient neben der gezielten Beratung von Arbeitgebern und dem Coaching von Arbeitnehmern der Finanzierung von Lohnkostenzuschüssen. 342 Jobcenter nehmen teil.
INTEGRATIONSBETRIEBE: Langzeitarbeitslose sollen künftig in solchen Betrieben wie bereits Behinderte einen geförderten Arbeitsplatz bekommen können. „Integrationsbetriebe können für Langzeitarbeitslose eine Treppe zum ersten Arbeitsmarkt sein“, sagt der CDU-Sozialexperte Karl Schiewerling. Der Vorstoß einer Öffnung dieser Betriebe für Langzeitarbeitslose stammt aus einem Unionskonzept - auch laut einem gemeinsamen Antrag mit der SPD-Fraktionen soll dies nun geprüft werden. Nachteile für Behinderte soll es nicht geben.
FINANZIERUNG: 2015 stehen im Bundeshaushalt Leistungen zur Eingliederung der Betroffenen in den Jobmarkt von 3,9 Milliarden Euro zur Verfügung - etwa zur Finanzierung von Kursen - sowie 4 Milliarden Euro für Verwaltungskosten. Auch im Haushalt 2016 soll es bei diesen insgesamt rund 8 Milliarden Euro bleiben. Auch die Sozialpolitiker in der Koalition haben wenig Hoffnung, im Herbst in den Haushaltsberatungen noch mehr bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) herausholen zu können.
FINANZIELLE FORDERUNGEN: Gewerkschaften und BA kritisieren, die Jobcenter seien unterfinanziert. Auch SPD-Forderungen zielten immer wieder auf mehr Geld ab - nach dem Motto: Die Finanzierung von Arbeit sei besser als die von Arbeitslosigkeit. Die BA beklagt zudem, wegen immer mehr Aufwand für die Berechnung von Hartz-IV-Leistungen müssten die Jobcenter immer mehr Geld von der Aus- und Fortbildung in die Verwaltung umschichten. Die Grünen hatten zuletzt einen Verschiebebahnhof beim Geld für Langzeitarbeitslose moniert - denn Sonderprogramme wie jenes für soziale Teilhabe binden in den kommenden Jahren bis zu 748 Millionen Euro. Die Jobcenter haben aber Spielraum, für was sie Geld ausgeben.