Hohe Haftstrafen im Berliner Islamisten-Prozess
Berlin (dpa) - Wegen Mitgliedschaft im Terrornetzwerk Al-Kaida sind zwei Islamisten in Berlin zu langer Haft verurteilt worden. Das Kammergericht verhängte am Freitag gegen einen 27 Jahre alten Deutschen eine Freiheitsstrafe von neun Jahren.
Ein mitangeklagter 23-jähriger Österreicher muss sechs Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Der Deutsche gilt außerdem als Gründungsmitglied der terroristischen Vereinigung Deutsche Taliban Mudschaheddin (DTM).
Die Haftstrafe für den 27-Jährigen ist die höchste, die in den Berliner Islamisten-Prozessen bisher verhängt wurde. Das Kammergericht begründete das Strafmaß mit der „extremen Gefährlichkeit“ des Mannes. „Ein Gesinnungswandel ist nicht erkennbar“, sagte Richter Josef Hoch. Der Angeklagte nahm das Urteil in seiner Panzerglasbox mit einem Grinsen auf.
Das Gericht hatte keine Zweifel, dass die Männer nach einer Kampfausbildung im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet den Dschihad („Heiliger Krieg“) nach Deutschland tragen wollten. „Sie wurden von Al-Kaida zurückgeschickt, um Anschläge in Europa und Deutschland zu verüben“, so der Vorsitzende des Staatsschutzsenats. Der 23-Jährige, ein gebürtiger Afghane, habe eine wichtige Position in der Zielsetzung Al-Kaidas inne gehabt, auch er habe die Regeln des hochgefährlichen Terrornetzwerks verinnerlicht.
Nach Überzeugung des Gerichts bestanden Kontakte zu hochrangigen Al-Kaida-Mitgliedern. Bei der Festnahme des 23-Jährigen wurde in seiner Unterhose ein USB-Stick mit Strategien für den Dschihad gefunden. Der Senat attestierte den Verurteilten „einen hohen Wert für Al-Kaida“, weil sie sich hier unauffällig bewegen konnten und für die Sicherheitsbehörden schwer erkennbar gewesen seien.
Der 27-Jährige ist dem Urteil zufolge auch für ein radikal islamistisches Internet-Drohvideo im Bundestagswahlkampf 2009 verantwortlich. Im Hintergrund waren Bilder vom Brandenburger Tor, der Frankfurter Skyline, vom Münchner Oktoberfest, Kölner Dom und Hamburger Hauptbahnhof eingeblendet. Daraufhin waren deutschlandweit die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden.
Beide Islamisten hatten in dem einjährigen Prozess geschwiegen. Direkt an Kampfhandlungen waren sie nach Ansicht der Richter aber nicht beteiligt. Die Verteidiger hatten Freisprüche beantragt und Revision beim Bundesgerichtshof angekündigt. Der 27-Jährige, der bis 2009 in Berlin als Student für Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben war, wurde im März 2011 in Wien festgenommen. Zwei Monate später wurde der Österreicher in Berlin verhaftet.