Horst Köhler: „Die Angriffe waren ungeheuerlich“
Altbundespräsident Horst Köhler hat sein Schweigen gebrochen. Erstmals äußerte er sich zu den Gründen seines Rücktritts.
Berlin. Ein Jahr nach seinem Rücktritt als Bundespräsident bricht Horst Köhler sein Schweigen und rechtfertigt sich: Die Angriffe gegen ihn seien „ungeheuerlich“ gewesen, er sei „bewusst missverstanden“ worden. „Ich bin zurückgetreten, um Schaden vom Amt abzuwenden“, sagte Köhler in einem Gespräch mit der „Zeit“. Weitere Hintergründe seines Schrittes enthüllte er nicht.
Auslöser des Rücktritts war ein Interview Köhlers nach einem Besuch in Afghanistan. Wörtlich sagt er damals: „Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege (. . .).“ Dazu sagte Köhler jetzt der „Zeit“: „Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äußerungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt.“ Es sei die Rede gewesen von der Befürwortung von Wirtschaftskriegen und möglichem Verfassungsbruch. „Kann man einem Bundespräsidenten angesichts der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts Schlimmeres vorwerfen?“
Köhler kritisierte den Umgang mit dem Interview: „Meine Äußerungen wurden im Vorfeld der Diskussion um die Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr bewusst missverstanden und für parteipolitische — auch innerparteiliche — Ziele instrumentalisiert.“ Es sei ihm „um Respekt und Wahrhaftigkeit in der politischen Kultur unseres Landes“ gegangen.
Köhler sagte, er habe sich nie in das Amt gedrängt. „Ich habe mich für das Amt des Bundespräsidenten in die Pflicht nehmen lassen. Die Anfrage schmeichelte mir, aber 80 Prozent war Pflichtgefühl. Ich dachte, ich könnte mit meiner beruflichen Erfahrung auch helfen. Ich kannte und akzeptierte aber selbstverständlich das Institutionen- und Machtgefüge unserer Verfassung.“
Seit einem Jahr führe er „wieder ein normales Bürgerleben. Ich bin mit mir im Reinen und genieße manche Dinge, die ich vorher nicht hatte.“