Jahrestag 7. Oktober Hunderte demonstrieren in Berlin zum Jahrestag des Massakers

Berlin · Vor dem ersten Jahrestag des Terroranschlags auf Israel ist die Anspannung groß. Die Polizei stellt sich auf mehrere Großeinsätze ein, doch zunächst kamen nur relativ wenige zu den Demos.

Hunderte demonstrieren in Berlin zum Jahrestag des Massakers
5 Bilder

Hunderte demonstrieren in Berlin zum Jahrestag des Massakers

5 Bilder

Bereits vor dem Jahrestag am 7. Oktober erinnern Hunderte Menschen in Berlin mit Kundgebungen und Demonstrationen an das Hamas-Massaker in Israel und den Gaza-Krieg. Knapp 500 Polizistinnen und Polizisten sind im Einsatz, wie die Polizei auf der Onlineplattform X mitteilte. Sie stellt sich am gesamten Wochenende auf einen Großeinsatz ein, da auch für Sonntag zahlreiche Versammlungen angekündigt sind.

Die Teilnehmerzahlen waren zunächst relativ gering, vor allem im Vergleich zu einer propalästinensischen Demonstration am Samstag in London, an der Zehntausende teilnahmen. In Rom kam es bei einer nicht genehmigten Pro-Palästina-Demonstration mit mehreren Tausend Menschen zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten.

Auch andernorts in Deutschland sind noch Demonstrationen geplant. In Hamburg versammelten sich Hunderte Demonstranten und protestierten zunächst friedlich gegen den Gaza-Krieg. Schwerpunkt der Proteste dürfte nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz aber die Hauptstadt sein.

Propalästinensische Demonstration in Tempelhof

Hunderte Menschen versammelten sich in Berlin am Platz der Luftbrücke in der Nähe des Polizeipräsidiums zu einer propalästinensischen Demonstration mit dem Titel „Ein Jahr Genozid - und die Welt schaut zu. Gegen Polizeigewalt“. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl zum Start der Versammlung auf rund 500. Nachdem der Protestzug losgelaufen war, sprach sie von mehr als 1000 Teilnehmern. Weitere Menschen stießen noch dazu, sagte eine Polizeisprecherin. Die Demonstranten wollten von Tempelhof durch Kreuzberg zum Brandenburger Tor laufen.

Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer schwenkten Palästina-Flaggen, auf Schildern war zu lesen „Free Palestine“. Auf einem großen, mit blutroter Farbe überzogenen Transparent stand „Stop Israels Blood Genoicide“ (Stoppt Israels Blut-Völkermord). Mehrere Demonstranten hielten Fotos hoch, die Polizisten bei Einsätzen zeigten, und prangerten Polizeigewalt an.

In Reden wurden deutsche Waffenlieferungen nach Israel kritisiert. Der Tonfall war dabei teils aggressiv. Die Stimmung unter den Demonstranten war aufgeheizt. Nach Angaben der Polizei skandierten Teilnehmer mehrfach verbotene Parolen.

Proisraelische Kundgebung in Berlin-Mitte

Vor der Humboldt-Universität versammelten sich zahlreiche Menschen zu einer proisraelischen Kundgebung, die durch Berlin-Mitte ging. Die Polizei sprach von schätzungsweise 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Einige von ihnen schwenkten israelische Fahnen. Auf einem großen Banner war das Motto der Kundgebung zu lesen: „Gegen die antisemitische Internationale“. Auch Mitglieder der linksradikalen Antifa-Bewegung beteiligten sich.

Die Demonstration erreichte am Nachmittag ihren Endpunkt ohne größere Störungen, wie es von der Polizei hieß. Allerdings soll eine etwa 20-köpfige Gruppe versucht haben, in den Protestzug zu drängen. Polizisten seien eingeschritten, so der Sprecher. Es kam zu Rangeleien. Es werde noch geprüft, ob es sich um Menschen aus dem propalästinensischen Lager handele, hieß es.

Vor einem Jahr am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den Gaza-Krieg, in dem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher rund 42.000 Palästinenser getötet wurden, etwa ein Drittel davon Kinder und Jugendliche.

Israelfeindliche Ausrufe, Fahnen verbrannt

Bei propalästinensischen Demonstrationen am Berliner Alexanderplatz ist die Polizei wegen israelfeindlicher Ausrufe und Aktionen eingeschritten. Nach Behördenangaben gab es am Freitagabend zehn vorübergehende Festnahmen. In einem Fall betraf dies einen Mann, der bei einer Kundgebung mit dem Motto „Mahnwache für Gaza“ Papierfahnen des Staates Israel zerriss.

Gegen die Mutter eines elfjährigen Kindes wird zudem wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht ermittelt. Hintergrund ist, dass laut Polizei bei einer Versammlung mit dem Titel „Stoppt den Krieg“ Redebeiträge gezielt von minderjährigen Kindern gehalten wurden, die noch nicht strafrechtlich belangt werden können.

Gewerkschaft erwartet „dynamische Lage“

Die Gewerkschaft der Polizei erwartet im Zusammenhang mit dem Jahrestag in der Hauptstadt eine „stadtweite, dynamische Lage“. Zum Jahrestag selbst, am Montag, werden laut Polizei rund 2.000 Beamten im Einsatz sein. Es sind mehrere Gedenkveranstaltungen und Proteste angekündigt.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat für den Fall antisemitischer Äußerungen ein hartes Durchgreifen angekündigt. Berliner Polizisten und Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern sowie die Bundespolizei würden Straftaten mit aller Konsequenz verfolgen, sagte Spranger. Die Polizeikräfte hätten dafür ihre volle Rückendeckung, hatte zuvor auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betont.

© dpa-infocom, dpa:241005-930-252162/5

(dpa)