Kommentar Was aus der schrecklichen Tat von Freudenberg folgt
Meinung · Eine Woche nach der Tat ist der Schrecken allgegenwärtig. Populistische Forderungen helfen aber sicher nicht weiter.
Eine Woche ist die Tat alt, ihren Schrecken hat sie nicht verloren. Luise (12) aus Freudenberg wurde von Freundinnen (12, 13) das Leben genommen. Seither hat die gestandene Tat eine Kleinstadt aus den Angeln gehoben, versucht die Polizei das Leben von zwei straffreien Täterinnen zu ordnen, diskutiert Deutschland über eine womöglich einzuführende juristische Schuldfähigkeit für Minderjährige. Und die Politik wiegt zwischen Trauer, öffentlichem Entsetzen und der Frage hin und her, was auf diese unfassbare Tat denn nun folgen muss.
Die Antwort ist noch völlig unklar. Selbst auf die Frage, ob es überhaupt eine Antwort geben muss. Auch, weil über die Hintergründe der Tat fast gar nichts bekannt ist. Und auch zurecht nichts bekannt werden wird, weil sowohl die Sensationsgier einer Öffentlichkeit wie auch das berechtigte Interesse an möglichen Schlussfolgerungen aus der Evolution der Tat zurückstehen müssen hinter dem Schutz für die minderjährigen Täterinnen, die ein Leben weiterleben müssen.
Sicher: Das belastet das Gerechtigkeitsgefühl zutiefst. Aber diese Herangehensweise ist doch hergeleitet aus der gesetzlichen Überzeugung, dass Kinder nicht per se Recht und Unrecht unterscheiden können, also auch nicht im juristischen Sinne bestraft werden, sondern fortan in ihrer Erziehung betreut werden. Diese grundsätzliche Anschauung für eine Straffähigkeit ab 14 Jahren schließt ungenannt mit ein, dass man sich Taten wie jene von Freudenberg wohl kaum hat vorstellen können.
Deswegen muss die Gesellschaft sie wohl als unerträglichen Einzelfall akzeptieren, der die Tat ist. Unredlich ist, die Trauer über den gewaltsamen Tod einer Zwölfjährigen sofort mit einer politischen Diskussion über eine Herabsetzung des Straffähigkeitsalters zu verbinden, wie das mal klar, mal andeutungsweise durch Politiker geschehen ist. Am Ende aber ist nur die AfD der Versuchung erlegen, genau das als populistische Schnelldiagnose klar und unterkomplex zu formulieren. Ohne die ganze Tat zu kennen, für die ein Richter ein „höchst komplexes Tatmotiv“ angeführt hat.