Anzeigen nach Demo in Halle Hunderte Menschen bei Kundgebungen in Köthen und Halle
Köthen (dpa) - Nach dem Streit zwischen zwei Männergruppen und dem Tod eines Deutschen im sachsen-anhaltischen Köthen gehen die Ermittlungen zu den Hintergründen weiter. Am Montagabend hatten sich an einem weiteren sogenannten Trauermarsch nach Polizeiangaben bis zu 550 Menschen beteiligt.
Diesen hatte der AfD-Abgeordnete Hannes Loth unter dem Titel „Wir trauern“ angemeldet. Die mit einem Großaufgebot angerückte Polizei sprach nach ersten Erkenntnissen von einem eher friedlichem Verlauf, während es bei einer Montagsdemo in Halle zu hässlichen Szenen kam.
Wie schon am Vortag kreiste über Köthen, einer Stadt mit gut 26.000 Einwohnern, ein Hubschrauber. Eine Reiterstaffel der Polizei ritt durch die Innenstadt. Auch ein Wasserwerfer stand bereit. Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) sprach von mehreren hundert beteiligten Polizisten, darunter Beamte aus Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein, Berlin und Thüringen.
Nach einer Schweigeminute und einer kurzen Kundgebung auf dem Markt zogen die Teilnehmer durch die Innenstadt zu dem Schauplatz der Auseinandersetzung, einem Spielplatz. Dort wurde ein Kranz der AfD Sachsen-Anhalt im Gedenken an den 22-jährigen Toten niedergelegt - den Bruder eines bekannten Rechtsextremen aus Köthen. Tags zuvor waren bei einer ersten Spontandemonstration rund 2500 Menschen zusammengekommen. Unter den Demonstranten waren nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zwischen 400 und 500 Rechtsextreme aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen.
Dem Augenschein nach beteiligten sich am Montagabend vor allem Menschen aus Köthen und der Region an der AfD-Kundgebung. Laut Polizei gab es zunächst keine Strafanzeigen. Im Zusammenhang mit der Demonstration am Vortag hatte die Polizei zunächst zehn Anzeigen registriert. Innenminister Stahlknecht zog ein positives Fazit. „Wir haben die Versammlungsfreiheit garantiert und einen starken Staat demonstriert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er dankte allen Polizisten.
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan Korte aus dem Wahlkreis Anhalt äußerte sich besorgt zu den Vorfällen in Köthen. „Rechtsextremismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Da macht man sich einen schlanken Fuß zu sagen, das ist nur ein ostdeutsches Problem“, betonte er im Interview mit der „Oldenburger Nordwest-Zeitung“. (Dienstag). „Wichtig ist die Analyse, was passiert in unserem Land eigentlich? Das hat mit Alltagsrassismus zu tun, aber auch mit ökonomischen und sozialen Fragen.“
Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler war es in der Nacht zu Sonntag an dem Spielplatz zum Streit zwischen mindestens zwei afghanischen Staatsbürgern und mindestens zwei Deutschen gekommen. Am Ende war der 22-Jährige tot. Er starb nach Behördenangaben an Herzversagen. Wie genau es dazu kommen konnte, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt. Die Polizei nahm zwei Afghanen im Alter von 18 und 20 Jahren fest.
Im sächsischen Chemnitz hatte zwei Wochen zuvor ein ähnlicher Fall zwei Tage lang zu Spontandemos mit rechtsextremer Beteiligung und Gewaltausbrüchen geführt. Nach den Vorfällen in Chemnitz und Köthen mobilisierte die rechte Szene ihre Anhänger auch verstärkt für eine Demonstration in Halle. Dort wurden am Montag aus dem Protestzug heraus verfassungswidrige Symbole der rechten Szene gezeigt und Polizisten attackiert. Die Polizei leitete zehn Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Körperverletzung.
Demnach wurde bei der Montagsdemo in Halle mehrfach der Hitler-Gruß gezeigt und von einigen der rund 450 Teilnehmer „Sieg Heil“ gerufen. Manche Demonstranten seien stark alkoholisiert gewesen und hätten Polizisten bespuckt. Außerdem sei es zu Handgreiflichkeiten unter Demonstranten gekommen. Wieviele der Teilnehmer Rechtsradikale waren, vermochte die Polizei zunächst nicht zu sagen. Neben der Montagsdemo gab es demnach eine Gegenveranstaltung der linken Szene mit 80 bis 100 Teilnehmern, die aber friedlich geblieben sei.