Hundt: Es gibt Lohnerhöhungen
Berlin (dpa) - Für Millionen Arbeitnehmer wird sich der Aufschwung auch im Geldbeutel positiv bemerkbar machen. Dies und weiteren Stellenzuwachs stellte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt in Aussicht.
„Natürlich wird es auch Lohnerhöhungen geben“, sagte Hundt am Dienstag beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte an, die Regierung wolle bis Anfang 2011 ein Konzept zur Zukunft der Tarifeinheit in Betrieben vorlegen.
Hundt plädierte für eine Fortsetzung der flexiblen und produktivitätsorientierten Tarifpolitik der vergangenen Jahre und verwies auf den Abschluss in der Metall- und Elektroindustrie. Er verbat sich aber „Empfehlungen von außen“. Solche Äußerungen - wie sie etwa aus dem Mund von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu hören waren - seien lediglich „populistische Wichtigtuerei“.
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) forderte zugleich eine Entlastung bei den Arbeitskosten. „Von einem Euro, den ein Arbeitgeber bei einer Lohnerhöhung aufwenden muss, kommen bei einem Durchschnittsverdiener heute gerade einmal 37 Cent tatsächlich an. Die übrigen 63 Cent sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherung, Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag.“
„Mehr Netto funktioniert vor allem durch weniger Sozialbeiträge“, sagte Hundt. Die Kanzlerin wies darauf hin, dass trotz der notwendigen Beitragserhöhung in der Gesetzlichen Krankenversicherung der paritätisch finanzierte Gesamtbeitrag für alle Sozialkassen auch im kommenden Jahr noch unter der 40-Prozent-Marke bleibe. Dies sei „eine große Leistung“.
Beim Streitthema Tarifeinheit sieht Merkel Handlungsbedarf nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom vergangenen Sommer. Es hatte den seit Jahrzehnten geltenden Grundsatz der Tarifeinheit gekippt und damit konkurrierende Tarifverträge in einem Betrieb für grundsätzlich rechtens erklärt. Dies stärkt Spartengewerkschaften wie die für Krankenhausärzte, Lokführer und Piloten.
Merkel sagte, in den nächsten zwei Monaten werde es eine Antwort geben, allerdings betrete die Koalition dabei „absolutes Neuland“. Verfassungsrechtliche Bedenken dürften aber nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Der Vorschlag von DGB und Arbeitgebern zur Tarifeinheit zugunsten der jeweils stärksten Gewerkschaft werde intensiv geprüft. Sie könne aber nicht sagen, dass dieser Vorschlag eins zu eins übernommen werde, sagte die Kanzlerin. Eine Regelung sei aber nötig. Man dürfe nicht warten, bis die Tariflandschaft völlig zersplittert sei.
Brüderle bekräftigte auf dem Arbeitgebertag seine Vorbehalte gegen eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der Tarifeinheit in den Betrieben. Er sagte zu, sich um eine „vernünftige Lösung“ zu bemühen. Diese müsse aber auch den Grundsatz der im Grundgesetz verankerten Koalitionsfreiheit berücksichtigen, der auch für kleine Gewerkschaften gelte. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich dagegen für eine Regelung nach dem Vorschlag von DGB und BDA aus.
Brüderle warb wie Hundt erneut für die Zuwanderung qualifizierter ausländischer Fachkräfte. Die für sie geltende Gehaltsuntergrenze von bisher 66 000 Euro im Jahr sei „eine zu hohe Messlatte“. Sie habe dazu beigetragen, dass zuletzt nur 150 dieser Spezialisten gekommen seien, sagte der Minister. Aktuell fehlten bereits aber 65 000 IT- Fachleute. Die Zuwanderung dürfe nicht ausgespielt werden gegen Arbeitsplätze für Einheimische.
Hundt forderte die Regierung auf, die Zeitarbeitsbranche rasch ins Entsendegesetz aufzunehmen, um Lohndumping durch Billiganbieter aus dem Ausland nach dem 1. Mai 2011 zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt tritt die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU in Kraft. Nur wenn der tariflich vereinbarte Mindestlohn für die gesamte Branche verbindlich erklärt werde, könne Missbrauch durch Dumpinglöhne ausländischer Anbieter gesetzlich verhindert werden.