Sondierungen Jamaika-Poker geht weiter: Bedingungen und Vorwürfe
Berlin (dpa) - Bei den Sondierungen über eine Jamaika-Koalition von CDU, CSU, FDP und Grünen gibt es weiterhin kaum Bewegung. An diesem Samstag wurden erneut Bedingungen und gegenseitig Vorwürfe formuliert.
Die Vorsitzenden der vier Parteien wollen nun bis zur nächsten Gesprächsrunde an diesem Montag die Lage und das weitere Vorgehen besprechen.
Bei einem Scheitern der Jamaika-Sondierungen muss es aus Sicht der SPD Neuwahlen geben. „Wir werden nicht in eine große Koalition eintreten“, bekräftigte der SPD-Vorsitzende Martin Schulz in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ein Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen werde „schmerzhaft für die Republik“, prophezeite er.
Die Sondierungsgespräche waren am Donnerstag wegen Streits insbesondere in der Klima- und Flüchtlingspolitik vertagt worden. Bei den Gesprächen in der kommenden Woche soll es nun zunächst um Bildung, Digitalisierung sowie um Themen der Sozial- und Innenpolitik gehen.
Vor der Sondierungsrunde zur Sozialpolitik verlangten die Grünen eine Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse. „Mehr als 45 Prozent der jungen Leute, die im vergangenen Jahr neu angestellt wurden, bekamen nur einen befristeten Arbeitsplatz“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der „Welt“.
Verdi-Chef Frank Bsirske setzt auf umfassende Sozialreformen durch ein Jamaika-Bündnis . Er bot diesem Zusammenarbeit an. „Wir werden als Gewerkschaft mit einer Jamaika-Koalition arbeiten müssen“, sagte Bsirske der dpa. „Ein Jamaika-Koalitionsvertrag wird gewiss nicht alle gewerkschaftlichen Kernanliegen aufgreifen, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass Punkte, die uns wichtig sind, aufgenommen werden.“
Die Grünen warnten die FDP vor einer Blockade bei der Klimapolitik. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) sagte der „Berliner Zeitung“ (Samstag): „Niemand soll glauben, dass die Grünen mit weniger Klimaschutz aus den Sondierungen kommen werden, als unter FDP, CDU und SPD beschlossen worden ist.“ Das Bekenntnis zu den gültigen Zielen sei daher die Voraussetzung für Weiteres.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, hatte gesagt, die deutschen Klimaschutzziele seien für seine Partei „nicht sakrosankt“. Die FDP bestand dem Vernehmen nach in den Gesprächen am Donnerstag darauf, eine neue Energie- und Klimapolitik an eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und an bezahlbare Preise zu binden. Notfalls müssten Einsparziele später oder über globale Zusammenarbeit erreicht werden.
Von CDU und CSU verlangten die Grünen mehr Kompromissbereitschaft in der Flüchtlingspolitik. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der „Bild“-Zeitung (Samstag): „Für uns sind Humanität und Ordnung Eckpfeiler einer humanitären Flüchtlingspolitik. Dazu gehören schnelle, rechtsstaatlich durchgeführte Verfahren, eine lückenlose Erfassung und der Familiennachzug.“
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verlangte wiederum von den Grünen mehr Bewegung. Er bezeichnete in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag) die Vereinbarungen von CDU und CSU zur Begrenzung der Migration als „fixe Grundlage“ für die Verhandlungen.
Özdemir wollte die Auseinandersetzungen in der Sondierungsrunde vom Donnerstag nicht überbewerten. „Es hat jetzt einmal ordentlich gekracht“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag). „Aber das gehört doch dazu bei solchen Themen.“
Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin zeigte sich in der „Rheinischen Post“ (Samstag) offen für die von der FDP geforderte Abschmelzung des Solidaritätszuschlags. Er erteilte einer vollständigen Abschaffung des Soli aber erneut eine Absage. Er verlangte eine Kerosinsteuer für den Flugverkehr und die Abschaffung der Steuerprivilegien für Dienstwagen. „Wir sind übereingekommen, dass wir klimafeindliche Subventionen reduzieren wollen“, sagte er.
Die Grünen sehen bei der künftigen europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik noch großen Gesprächsbedarf. „Bei den Gesprächen über Europa sind wir diese Woche ein gutes Stück vorangekommen“, sagte die Bundestagesabgeordnete Annalena Baerbock der dpa.