Jeder vierte Freiwillige bricht die Bundeswehr ab
Berlin (dpa) - Ein gutes Viertel der jungen Soldaten in der neuen Freiwilligenarmee bricht die Ausbildung ab.
Die Abbrecherquote in der Bundeswehr liegt damit nicht wesentlich höher als in der freien Wirtschaft. 27,7 Prozent der Freiwilligen, die zum 1. Juli ihren Dienst antraten, seien inzwischen nicht mehr bei der Truppe, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) der „Berliner Zeitung“ (Mittwoch).
Ein Sprecher ergänzte, 23,3 Prozent machten dabei von ihrem Recht Gebrauch, in den ersten sechs Monaten ohne Angaben von Gründen ihren Dienst zu quittieren. 4,4 Prozent seien von der Bundeswehr nach Hause geschickt worden. In der beruflichen Bildung von Industrie, Handel und Handwerk geht man für die gesamte Zeit der Lehre von derzeit rund 23 Prozent aus. Früher lag diese Quote auch schon deutlich höher.
De Maizière sieht grundsätzlich keine Rekrutierungsschwierigkeiten auf die Truppe zukommen. Am Rande seines Besuches in Afghanistan sagte er am Mittwoch: „Die Zahlen, die wir jetzt haben, sind gut. Besser als erwartet. Wir werden im Januar rund 2800 freiwillig Wehrdienstleistende neu begrüßen können, sowie 2300 Zeit- und Berufssoldaten auch mit einem hohen Bildungsgrad. Das ist gut.“ Von den Freiwilligen seien etwa 2650 Männer und 170 Frauen. „Damit liegen wir voll im Plan“, sagte de Maizière.
Doch die derzeit gute Rekrutierung „ist keine Gewähr, dass das auf Dauer gut bleibt. Wir haben jetzt noch geburtenstarke Jahrgänge. Wir haben Doppeljahrgänge, die die Schule verlassen. Wir können uns darauf nicht ausruhen.“ Da einige Rekruten die Bundeswehr nach den ersten Monaten wieder verlassen, müssten mehr angeworben werden als tatsächlich gebraucht würden, sagte de Maizière weiter.
Die Zahl von knapp 28 Prozent Abbrecher stamme aus dem ersten Halbjahr. Die Oktoberzahlen seien schon besser. „Es ist eine Zahl, die sich im Durchschnitt der Wirtschaft bewegt. Früher haben wir Lehrstellen gesucht, heute suchen wir Lehrlinge.“ Und da werde die Bundeswehr nicht besser behandelt als andere Arbeitgeber. Aber auch nicht schlechter.
Der für die Streitkräfte zuständige Sprecher des Verteidigungsministeriums, Kai-Siegfried Schlolaut, sagte der dpa, mit der Quote „liegen wir durchaus im Vergleich zur zivilen Wirtschaft“. Die Mehrheit der jungen Menschen habe private Gründe für das Ausscheiden angegeben oder ein alternatives Job-Angebot. Viele Abiturienten hätten nach Eintritt in die Bundeswehr zum 1. Juli drei Monate später doch noch einen Studienplatz angeboten bekommen. „Gut ist, dass sie nicht sagen: Der Ton in der Bundeswehr war falsch oder das Verhalten der Vorgesetzten war falsch“, fügte Schlolaut hinzu.
Die Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee ist Teil einer umfassenden Reform, die auch Standorte und Strukturen umfasst. Nach den Vorstellungen de Maizières sollen der Bundeswehr künftig 5000 bis 15 000 freiwillig Wehrdienstleistende angehören. Die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten soll bei etwa 170 000 liegen. Die Soll-Stärke der Bundeswehr vor der laufenden Reform lag bei 250 000 Soldaten, davon mehr als 50 000 Wehrpflichtige.