Terror schürt Sorgen Jeder Zweite fühlt sich unsicherer als früher
München (dpa) - Nach den Terroranschlägen der vergangenen zwei Jahre fühlt sich jeder Zweite in Deutschland unsicherer als zuvor. Das ergab eine Umfrage des Instituts YouGov Deutschland im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.
Tendenziell ist die Unsicherheit im Osten etwas größer, hier sind es 53 Prozent, im Westen 50 Prozent. Frauen reagierten erheblich besorgter als Männer. 57 Prozent fühlten sich etwas oder deutlich unsicherer, bei den Männern waren es nur 44 Prozent.
Immerhin 40 Prozent der Befragten - 46 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen - gaben an, ihr Sicherheitsgefühl sei unverändert.
Nach den Anschlägen von Paris, Brüssel und Nizza hatte der Terror im vergangenen Jahr auch Deutschland erreicht: Mit einer Axt und dem Ruf „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) ging am 18. Juli ein Flüchtling in einer Regionalbahn bei Würzburg auf Fahrgäste los und verletzte fünf Menschen. Am 22. Juli erschoss ein psychisch kranker Schüler in München bei einem Amoklauf neun Menschen und sich selbst. Zwei Tage später zündete in Ansbach beim ersten islamistischen Selbstmordanschlag auf deutschem Boden ein syrischer Flüchtling eine Rucksackbombe, verletzte 15 Personen und kam selbst ums Leben.
Mehr als die Hälfte der Bundesbürger (56 Prozent) glaubt, dass die Menschen lernen müssen, mit Terroranschlägen in Deutschland zu leben. Die künftige Anschlagsgefahr schätzen die meisten als hoch ein. Vier von fünf Menschen (84 Prozent) sehen eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass islamistische Extremisten in den nächsten zwölf Monaten in Deutschland ein Attentat verüben. Jeder Zweite (50 Prozent) rechnet mit rechtsextremen Anschlägen. 43 Prozent halten Gewalttaten seitens Linksextremer für möglich.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen Ost und West: Während im Osten (47 Prozent) die Gefahr eines rechten Anschlags niedriger eingeschätzt wird als im Westen (51 Prozent), ist das Verhältnis bei den linksmotivierten Anschlägen umgekehrt (Ost: 47 Prozent/West: 43 Prozent). Die Befragung fand allerdings vor den Krawallen beim G20-Gipfel in Hamburg statt.
Analog zu dieser Gefahreneinschätzung wünschen die Menschen vor allem mehr Maßnahmen gegen islamistische Gewalt. 70 Prozent sind der Meinung, die Bundesregierung tue nicht genug gegen den islamistischen Terror. 57 Prozent finden, es werde nicht ausreichend gegen Gewalt von rechten Extremisten vorgegangen. 51 Prozent sehen die Maßnahmen gegen Gewalt von Links als unzureichend an.
Die allermeisten Menschen (85 Prozent) befürworten die verschärften Vorkehrungen bei Veranstaltungen, etwa beim Oktoberfest. Dort dürfen seit dem vergangenen Jahr beispielsweise keine größeren Taschen mehr mitgenommen werden, an den Eingängen wird kontrolliert.
Trotz der latenten Gefahr gab gut ein Drittel der Befragten (37 Prozent) an, sie hätten ihr Leben nicht geändert. Andere hingegen haben ihre Gewohnheiten angepasst: Bei möglicher Mehrfachnennung gaben 38 Prozent an, dass sie die Terrorgefahr mehr bei ihrer Urlaubsplanung berücksichtigen als noch vor zwei Jahren, 29 Prozent verzichten auf Veranstaltungen mit vielen Menschen oder auf öffentlichen Plätzen und 13 Prozent greifen zu Dingen wie Abwehrspray, wenn sie das Haus verlassen.
Insgesamt 15 Prozent haben sogar schon einmal den Gedanken gefasst, Deutschland zu verlassen und in ein sichereres Land zu ziehen - oder zumindest in eine sicherere Wohngegend, etwa aufs Land. Gut die Hälfte (54 Prozent) ist hingegen noch nie auf diesen Gedanken gekommen, ein Viertel (24 Prozent) bewertet die eigene Wohngegend ohnehin als sehr sicher.