Podiumsdiskussion in der Düsseldorfer Unikinik Jens Spahn: „Ausländische Fachkräfte sind notwenig“
Düsseldorf · Mit „guten Debatten“ und Entscheidungen will der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn realistische Lösungen schaffen.
Trotz diverser Transparente, die für mehr Pflegepersonal demonstrieren, wird Jens Spahn (CDU) unter Applaus im Uniklinikum Düsseldorf empfangen. Rappelvoll ist der Eingangsbereich, der für die Fragestunde vorgesehen ist. Doch bevor er sich den themenspezifischen Fragen widmete, machte er einen Schlenker in die Tagespolitik. So beklagte er einen „massiven Vertrauensverlust“ in die Politik und Volksparteien.
Die Wahl in Thüringen sei ein Symptom dieses Vertrauensverlusts. Besonders die Frage nach der Funktionsfähigkeit der Kernfunktionen des Staats stehe im Fokus. „Kriegen wir einen Flughafen fertig gebaut? Gibt es einen Arzttermin in akzeptabler Zeit? Haben wir Kontrolle über das, was an unseren Grenzen in Deutschland und in Europa passiert?“, führte er als Beispiele auf, die die Menschen bewegen würden. Auf Ortsterminen bekomme er das hautnah zu spüren. „Das Vertrauen darin, dass der Minister irgendwie Ahnung hätte, ist nicht besonders ausgeprägt.“
Das verlorene Vertrauen will Spahn durch „gute Debatten“ und Entscheidungen zurückgewinnen. Als „gute Debatten“ definiert Spahn, dass „man mal eine Sekunde unterstellt, der andere könnte Recht haben“. Weiterhin kritisierte der Minister, dass Kompromisse verächtlich gemacht würden. Zu guter Letzt müssten auf diese Debatten Entscheidungen folgen. Und zwar solche, die bei den Menschen auch wahrzunehmen sind. Die Debatte um die Organspende sei eine gute gewesen. Zwar hätte er sich ein anderes Ergebnis gewünscht, aber immerhin sei das Thema in allen Winkeln der Bevölkerung angekommen.
Er will nicht der „Vorturner“ sein, sondern Praktiker einbinden
Knapp 60 Minuten steht Spahn auf dem Podium und beantwortet Fragen, die ihm von Ärzten und Pflegern gestellt werden. Bei nicht wenigen ist aufgestauter Frust herauszuhören. Über die Arbeitsbedingungen, die Zustände und die Ausstattung. Das bereitgestellte Ledersofa lässt Spahn hinter sich. Schönreden und ignorieren gehören nicht zu seinen Methoden. Lieber will er Probleme „durchdeklinieren“.
Er greift Kritik an sich auf, teilweise bevor sie geäußert wurde, geht auf die Transparente ein: „Ich stimme zu: mehr von Ihnen wäre besser für uns alle, wie es dort auf dem Plakat steht.“. Gleichzeitig betont er, dass er nicht „der Vorturner“ sein wolle, sondern von allen Praktikern Lösungsvorschläge erwarte. Und auch das Tempo bei der Lösung von Problemen will Spahn realistisch einordnen: „Wenn Sie den Eindruck haben, dass nach sechs Monaten die Richtung stimmt, dann bin ich schon der glücklichste Gesundheitsminister der Welt.“ Schritt für Schritt sei realistisch.
Es geht um Fallpauschalen und elektronische Patientenakten, um zu viele Krankenhäuser in Städten und den obligatorischen Personalmangel. Letzteres sei ein typisches „Henne-Ei-Problem“. „Wer nicht geboren wurde, den können wir nicht ausbilden.“ Ausländische Fachkräfte seien deshalb für Spahn unabdingbar. Und damit setzt er wieder ein Thema. „Das ist die Zuwanderung, die wir brauchen. Nicht in die soziale Sicherung, sondern in den Arbeitsmarkt“, sagt Spahn.
Ob er, der in der vergangenen Woche mit einem Politikaward zum Politiker des Jahres ausgezeichnet wurde, für den Parteivorsitz oder für die Kanzlerschaft kandidieren wolle oder werde, ließ der CDU-Mann, der auch CSU-Gastmitglied ist, nicht unbeantwortet. Aber nur, weil die Frage gar nicht gestellt werden konnte – Spahn entschwand in einen Fahrstuhl auf der entgegengesetzten Seite der wartenden Medien.