Kanzleramt will BND nach NSA-Skandal an kürzere Leine nehmen

Berlin (dpa) - Als Konsequenz aus dem NSA-Skandal will das Kanzleramt den Bundesnachrichtendienst (BND) an eine kürzere Leine nehmen und dem Bundestag ein schärferes Kontrollrecht geben.

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Auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern wie dem US-Dienst National Security Agency (NSA) soll nach dem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Gesetzentwurf des Kanzleramts strengeren Regeln unterworfen werden. Die Rolle der Regierungszentrale als Genehmigungs- und Kontrollinstanz soll verstärkt, Wirtschaftsspionage ausgeschlossen werden. Über den Entwurf hatten zuerst „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR berichtet.

Der BND war im Zusammenhang mit der NSA-Affäre unter anderem in die Kritik geraten, weil er für den US-Dienst lange Zeit unzulässige Suchbegriffe eingesetzt hatte. Diese sind nach BND-Angaben mittlerweile aussortiert. Auch BND-eigene sogenannte Selektoren zur Spionage im weltweiten Datenstrom sollen gegen das Auftragsprofil des Dienstes verstoßen haben. Der BND hat immer wieder betont, etwa keine Wirtschaftsspionage zu betreiben.

Im Entwurf des Kanzleramts heißt es, Ziel des Gesetzes sei es insbesondere, Rechtsklarheit bei der Fernmeldeaufklärung von Ausländern im Ausland herzustellen, die der Auslandsnachrichtendienst von deutschem Boden aus betreibt. Es gehe darum, „dadurch das Vertrauen in die Tätigkeit des BND zu stärken“ und die Rechtssicherheit für dessen Mitarbeiter zu erhöhen.

Grundsätzlich stellt sich das Kanzleramt hinter den Auftrag des BND zur Aufklärung von für die Außen- und Sicherheitspolitik bedeutsamen Themen. Das betrifft etwa den Kampf gegen den Terror, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die organisierte Kriminalität und die Entwicklung der politischen Lage in bestimmten Ländern.

Der Einsatz der umstrittenen Suchbegriffe soll nach dem Entwurf enger als bisher eingegrenzt werden. Es dürften nur Begriffe verwendet werden, die „im Einklang mit den außen- und sicherheitspolitischen Interessen“ Deutschlands stünden. An dieser Selbstverständlichkeit hatte es Zweifel gegeben. Dem Dienst war vorgeworfen worden, unrechtmäßig auch europäische Behörden, diplomatische Einrichtungen und in Einzelfällen verbotenerweise sogar deutsche Staatsbürger im Ausland ausspioniert zu haben.

Im Entwurf wird dem BND diese Art der Spionage nicht verboten. Dort heißt es: „Suchbegriffe, die zur gezielten Erfassung von Einrichtungen der Europäischen Union, öffentlichen Stellen ihrer Mitgliedstaaten oder von Unionsbürgern führen, dürfen durch den Bundesnachrichtendienst nur verwendet werden, wenn dies zur rechtzeitigen Erkennung und Begegnung von Gefahren für bedeutende Rechtsgüter notwendig ist.“

Darüber hinaus dürften Suchbegriffe in diesem Zusammenhang „nur nach Anordnung durch den Behördenleiter oder seinen Stellvertreter verwendet werden, wenn dies zur Aufklärung eines Vorgangs mit besonderer Auftragsrelevanz erforderlich ist“. Das Kanzleramt sei über diese Anordnungen zu unterrichten. Zudem soll das Kanzleramt auf Antrag des BND-Präsidenten oder seines Stellvertreters entscheiden, in welchen Telekommunikationsnetzen jeweils spioniert werden darf.

Das Kanzleramt soll demnach monatlich eine noch zu bestimmende Kontrollkommission über diese Anordnungen unterrichten - und zwar vor deren Vollzug. Dieses Gremium solle „Zulässigkeit und Notwendigkeit der Anordnung“ prüfen. Eine Vorab-Unterrichtung könne unterbleiben, wenn die Gefahr bestehe, dass dadurch „das Ziel der Maßnahme vereitelt oder wesentlich erschwert wird“. Im Gespräch war im vergangenen Jahr unter anderem die Einsetzung eines ständigen Bevollmächtigten zur Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle.

Aus dem Gesetzentwurf geht zudem hervor, dass vor allem durch das neu einzuführende Antragsverfahren im Kanzleramt drei und beim BND voraussichtlich zwölf zusätzliche Planstellen geschaffen werden müssten. Die damit verbundenen jährlichen zusätzlichen Personalkosten werden insgesamt auf knapp zwei Millionen Euro beziffert.

Der Entwurf ist noch nicht in der Koalition abgestimmt und eine erste Grundlage für weitere Diskussionen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Wir werden sehr genau schauen müssen, ob der jetzige Entwurf nicht zu weit geht, wir dürfen den BND nicht entmannen.“