Karlspreisträgerin Grybauskaite: Macht eure Hausaufgaben

Aachen (dpa) - Schuldenkrise, Rezession, Arbeitslosigkeit - was braucht das kränkelnde Europa? Macht eure Hausaufgaben und übernehmt Verantwortung, sagt Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite. Sie ging mit gutem Beispiel voran und erhielt dafür den Karlspreis.

Europa brauche mehr denn je den politischen Willen zu verantwortungsbewussten Entscheidungen, auch wenn sie hart und schmerzlich seien, sagte sie am Donnerstag bei der Auszeichnung mit dem Karlspreis im Aachener Rathaus. Das bedeute aber nicht, dass Brüssel den Mitgliedstaaten die Hausaufgaben abnehme. Diese müssten die Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung machen.

Grybauskaite erhielt den Preis für bedeutende Verdienste um die Europäische Union und für die integrative Entwicklung im Ostseeraum. Die frühere EU-Wirtschaftskommissarin habe Litauen durch die Wirtschaftskrise geführt und steuere trotz der Krisenstimmung in Europa unbeirrt den Euro an, hieß es in der Begründung. Der Preis würdigt ausdrücklich auch die Leistung der Baltenstaaten Lettland und Estland. Die Präsidentin widmete den Preis dem litauischen Volk.

Die Preisträgerin nannte die Führungsrolle Deutschlands zur Sicherung der europäischen Stabilität „ein wirkliches Beispiel für verantwortungsbewusste Politik“. Deutschland habe bei der Suche nach Entscheidungen die Führung übernommen. „Das ist eine historische Rolle“, sagte Grybauskaite. Deutschland ernte wegen seines strikten Kurs zwar Kritik, verdiene aber „größten“ Respekt.

„Wir müssen schon heute investieren, damit Enttäuschung nicht zum Leitprinzip für Europa wird“, sagte Grybauskaite. Eine ganze Generation habe Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden. Sozial- und Beschäftigungspolitik, Strukturreformen und Konjunkturpakete müssten Hand in Hand gehen, sagte die Wirtschaftsexpertin.

Auch der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, stellte fest: „Es ist eine Schande, dass in unserer Mitte eine verlorene Generation aufzuwachsen droht. Junge Menschen bezahlten mit ihren Lebenschancen für eine Krise, die sie nicht verschuldet hätten. In einigen EU-Ländern sei jeder zweite junge Mensch arbeitslos.

Schulz würdigte Grybauskaite als mutig, geradlinig und zuverlässig. Mit starkem Willen, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft habe sie ihr Land durch die Wirtschaftskrise geführt. Sie scheue sich nicht, den Menschen in kontroversen Diskussionen ihre Position darzulegen. „Hätten wir mehr Führungspersönlichkeiten in Europa, die diesen Mut besitzen, dann hätten wir in der EU weniger Probleme“, sagte Schulz in seiner Laudatio. Litauen übernimmt im Juli die EU-Ratspräsidentschaft.

Außenminister Guido Westerwelle gratulierte Grybauskaite und würdigte sie als überzeugte Europäerin. „Sie steht wie keine Zweite für die konsequente Ausrichtung Litauens auf Europa.“