Kassen-Ausstieg der Hausärzte vorerst gescheitert

Nürnberg (dpa) - Der vom Bayerischen Hausärzteverband angestrebte Ausstieg aus dem Kassensystem ist vorerst gescheitert. Bei einer Vollversammlung in Nürnberg stimmten am Mittwochabend lediglich 2751 der rund 7000 organisierten bayerischen Hausärzte für einen solchen Schritt.

Damit fand der Vorschlag von Verbandschef Wolfgang Hoppenthaller unter den niedergelassenen Allgemeinmedizinern nur eine Zustimmung von knapp 40 Prozent. Der Verband hatte ein 60-Prozent-Quorum zur Voraussetzung für einen kollektiven Ausstieg aus dem Kassensystem gemacht.

Der Ärztefunktionär zeigte sich am Abend enttäuscht. Die Ärzte hätten offenbar Angst vor Neuem, sagte er. „Es ist der Traum der Ärzte, aus dem Kassensystem auszusteigen. Aber den Schritt ins Unbekannte zu wagen, schaffen sie nicht“, sagte er nach der Veranstaltung. Dennoch komme die Politik nicht daran vorbei, dass rund 2800 für den Ausstieg gestimmt hätten, sagte Hoppenthaller. Immerhin hätten in Ober- und Unterfranken rund 50 Prozent der Kassenärzte für einen Ausstieg votiert.

Um das 60-Prozent-Quorum möglicherweise doch noch zu erreichen, verlängerte der Hausärzteverband die Frist für die Abgabe des Votums kurz entschlossen bis zum 18. Februar 2011. Bis dahin solle versucht werden, weitere Ärzte dafür zu gewinnen, ihre Kassenzulassung zurückzugeben. Auf die Frage, ob er bei einem weiteren Scheitern der Abstimmung zurücktreten werde, antwortete Hoppenthaller ausweichend. Derzeit gehe es nicht um seine Person, sondern um die hausärztliche Versorgung in der Region. „Meine Lust weiterzumachen, ist aber derzeit erst mal gering“, fügte er hinzu.

Die Ärzte beklagen, die Honorare seien mittlerweile so niedrig, dass sich der Arztberuf nicht mehr lohne. Mit der Rückgabe der Kassenzulassungen will der Verband erreichen, dass Hausärzte ihre Honorarverträge ohne Beschränkung selbst mit den Kassen aushandeln können. Von dem System der Kassenärztlichen Vereinigungen fühlen sich die Ärzte gegängelt.

Hoppenthaller hatte zuvor seine Kollegen beschworen, „dem kaputten und korrupten System der Gesetzlichen Krankenkassen“ den Rücken zu kehren. Er forderte sie auf, „den Politikern die Stirn zu bieten und endlich mit den Krankenkassen auf Augenhöhe zu verhandeln“. Das gehe aber nur mit einem Systemausstieg. Wer weiter im Kassensystem bleibe, werde schon 2011 Liquiditätsprobleme bekommen.

Ein Ausstieg hätte nach Einschätzung von Gesundheitsexperten ein Beben zur Folge, das das gesamte deutsche Gesundheitswesen erschüttern würde - und keineswegs nur die Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Bundesregierung gab sich in einer offiziellen Stellungnahme am Mittwoch dennoch zurückhaltend. Zunächst müsse abgewartet werden, wie die bayerischen Ärzte sich verhielten, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsressorts. Die Androhung, aus dem Kassensystem auszusteigen, habe es bereits mehrfach gegeben.