Kassen: Milliardenloch durch säumige Beitragszahler

Berlin (dpa) - Säumige Beitragszahler stehen bei den gesetzlichen Krankenkassen mit einer Milliardensumme in der Kreide. Ende 2011 war ein Fehlbetrag von mehr als 1,2 Milliarden Euro aufgelaufen, geht aus aktuellen Zahlen des Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen hervor.

Im August 2011 wiesen 638 000 Versichertenkonten Rückstände von gut einer Milliarde Euro auf. Einen entsprechenden Bericht der „Ruhr Nachrichten“ (Donnerstag) bestätigte der GKV-Spitzenverband.

„Die Instrumente der gesetzlichen Krankenkassen, gegen säumige Zahler vorzugehen, sind begrenzt. Da mit dem Recht und der Pflicht zur Krankenversicherung nicht automatisch ein gefüllter Geldbeutel verbunden ist, um die notwendigen Beiträge auch zahlen zu können, wird der Solidargemeinschaft einiges zugemutet“, sagte die stellvertretende Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes, Ann Marini, auf Anfrage.

Der Aufstellung zufolge gehörten 108 000 Beitragskonten jenen Mitgliedern, die seit 2007 nach der Einführung der Versicherungspflicht in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurückkehrten. Ebenfalls ohne Deckung waren weitere 530 000 Beitragskonten von freiwillig Versicherten.

Im Regelfall handelt es sich dabei um Selbstständige, die freiwillig in der GKV versichert sind. Sie müssen die Beiträge selbst abführen, im Gegensatz zu Angestellten und Arbeitern. Bei diesen werden die Sozialbeiträge vom Arbeitgeber an die Sozialkassen weitergeleitet. Wer Beiträge nicht bezahlt, kann nicht gekündigt werden. Die Kasse bezahlt dann Behandlungen nur in Notfällen und bei Geburten.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die privaten Krankenkassen über ein Finanzloch von mehr als einer halben Milliarde Euro durch Nichtzahler klagen. Laut Branchenverband PKV gab es Ende September 2011 in der privaten Krankenversicherung insgesamt 144 000 Versicherte mit nicht bezahlten Beiträgen. Zur Lösung des Problems ist ein sogenannter Nichtzahler-Tarif im Gespräch, in den säumige Privatversicherte wechseln müssten: Er wäre zwar deutlich billiger - die Rede ist von etwa 100 Euro im Monat -, würde aber auch nur noch akute Krankheiten und Schwangerschaften abdecken.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die gesetzlichen Möglichkeiten für ausreichend, um den gesetzlichen Kassen zu ihren ausstehenden Geldern zu verhelfen. „Die Sanktionsmöglichkeiten der Kassen reichen hier völlig aus“, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“ (Freitag). Allerdings schöpften viele Kassen dies nicht aus, „weil sie entweder kein entsprechendes Management aufgebaut haben oder die Versicherten nicht verlieren wollen“.