Katholikentag will „Brücken bauen“
Regensburg (dpa) - Zum Auftakt des Katholikentages in Regensburg hat Bundespräsident Joachim Gauck eine stärkere Zusammenarbeit der christlichen Kirchen angemahnt.
„Wir Christen, wir Mitglieder der Kirchen müssen wissen, dass wir in den Staat und die Gesellschaft hinein nur mehr wirken können, wenn wir möglichst mit einer Stimme sprechen“, sagte Gauck am Mittwoch vor tausenden Gläubigen auf dem Domplatz. Die Christen könnten es sich nicht mehr leisten, auf die heutigen Herausforderungen „jeweils mit einer katholischen, einer evangelischen und einer orthodoxen Antwort zu reagieren“.
Bei dem größten katholischen Laientreffen wollen Zehntausende Gläubige bis Sonntag über die Zukunft ihrer Kirche diskutieren, gemeinsam beten und feiern. Unter dem Motto „Mit Christus Brücken bauen“ hoffen viele auf neue Impulse für ihren Glauben ebenso wie für die Kirche, die Mitglieder verliert und unter Reformdruck steht, in der Papst Franziskus aber auch für neue Offenheit sorgt. 31 000 Dauergäste wurden in Regensburg erwartet und zusätzlich Tausende Tagesbesucher. Papst Franziskus rief sie von Rom aus auf, sich als Brückenbauer des Friedens zu engagieren.
Die Veranstalter warnten davor, verschiedene Wege des Glaubens und der Frömmigkeit gegeneinander auszuspielen. „Bei Christus ist niemand höherwertig oder minderwertig“, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück. In der katholischen Kirche sei von gegenseitiger Liebe oft wenig zu spüren, „zu häufig das Gegenteil wechselseitiger Abgrenzung, Abwertung und Ausgrenzung“. „Wir wünschen uns, dass der Katholikentag der Ort einer hörenden, suchenden und in diesem Sinne demütigen Kirche ist, deren Selbstverständnis der Dienst und nicht der Machtanspruch ist.“
Kritische Kirchengruppen organisieren ein Alternativprogramm, bei dem zum Beispiel der Theologe Eugen Drewermann oder der österreichische „Pfarrer-Rebell“ Helmut Schüller zu Wort kommen. Sie seien zum Katholikentag nicht eingeladen worden, bemängelte Christian Weisner von der Initiative „Wir sind Kirche“. „Das kann einfach nicht sein.“
Aber auch beim offiziellen Programm kommen Streitthemen zur Sprache, etwa die bei vielen als überholt geltende Sexualethik, das Diakonat der Frau und der Umgang mit Wiederverheirateten, die momentan keine Sakramente empfangen dürfen. In mehr als 1000 Veranstaltungen geht es auch um die Ökumene, gesellschaftliche Probleme wie soziale Gerechtigkeit oder die Wende in Osteuropa vor 25 Jahren. Zudem gibt es Bibelarbeiten, Gottesdienste, Ausstellungen und Konzerte.
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer zeigte sich überzeugt, dass der Katholikentag offen und gesprächsbereit sein werde. „Kontroverse Themen haben wir nicht ausgespart. Wir wollen sie aufgreifen und diskutieren, aber dabei nicht die Forderungen Papst Franziskus' und Papst Benedikts an die Christen aus den Augen verlieren, eine dienende Kirche zu sein, die sich nicht darin erschöpft, sich mit sich selbst zu beschäftigen.“
Erstmals seit langem gibt es ein größeres Podium zur Schwangerenkonfliktberatung, in der sich der von Katholiken getragene Verein „Donum Vitae“ engagiert. Voderholzer kritisierte dieses Wirken, weil er die Gefahr sehe, dass so der „kompromisslose Einsatz der Kirche für das Leben“ konterkariert werde. Glück betonte hingegen: „„Donum Vitae“ steht zwar als Verein bürgerlichen Rechts außerhalb der Kirche, aber nicht außerhalb des kirchlichen Verständnisses zum Schutz des Lebens.“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rief zur Überwindung des Kapitalismus auf. Vor Beginn des Katholikentags sagte der Münchner Erzbischof nach Angaben der Bischofskonferenz: „Wir müssen über die Neubestimmung der Gesellschaft und des Staates auf globaler Ebene diskutieren, über den Kapitalismus hinausdenken, denn Kapitalismus ist nicht das Ziel, sondern wir müssen ihn überwinden.“
Papst Franziskus wertete den Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren in seinem von Nuntius Nikola Eterović verlesenen Grußwort als ein Zeichen für die Kraft des Gebets. „Wie viel Leid, wie viel Trennung hat diese Mauer hervorgebracht“, schrieb er. „Aber dann sind Menschen in Kirchen zusammengekommen, um für den Frieden zu beten. Und sie sind aus der Kraft des Gebets hinausgegangen in ihre Stadt, Woche für Woche.“ Am Ende sei die Mauer zusammengebrochen.
In Deutschland gibt es rund 24 Millionen Katholiken. Die katholische Kirche verliert allerdings - ebenso wie die evangelische - stetig Mitglieder.