Kaum Annäherung bei Hartz-Kompromisssuche

Berlin (dpa) - Bei der überfälligen Hartz-IV-Reform mit dem Bildungspaket für bedürftige Kinder schließen Opposition wie Koalition auch ein Scheitern nicht mehr aus. Bei der dritten Verhandlungsrunde von Bund und Ländern am Mittwoch in Berlin gab es keine Annäherung.

Die Gespräche der Arbeitsgruppe sollen voraussichtlich am kommenden Montag fortgesetzt werden. Konflikte gibt es vor allem beim Zeitarbeit-Mindestlohn, bei dem sich Union und FDP noch nicht einig sind. Die Angebote beim Bildungspaket gehen der Opposition noch nicht weit genug. Beim Hartz-IV-Regelsatz soll weiter gerechnet werden. Für den 27. Januar wurde das nächste Treffen des Vermittlungsausschusses von Bundesrat und Bundestag vereinbart.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte: „Die Opposition muss nicht Ja sagen. Wir sind nicht bereit, einer Regelung zuzustimmen, in der wir uns nicht wiederfinden. Wir sind kompromissbereit, aber nicht um jeden Preis“, sagte Oppermann. Sein Amtskollege von der Union, Peter Altmaier (CDU), warnte die Opposition davor, den Bogen zu überspannen. Der haushaltspolitische Spielraum der Bundesregierung für eine Neuregelung sei begrenzt.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht die Verhandlungen „wie bei einem Marathon jetzt auf dem letzten Kilometer“. Wichtig sei vor allem für die Kinder, die auf das Bildungspaket warteten, „jetzt Strecke zu machen“, sagte sie dem Sender n-tv. „Wir haben ganz verfassungsfeste Berechnungen vorgelegt, das bestreitet übrigens keiner mehr inzwischen.“ Sie lehnte erneut Forderungen von Sozialverbänden nach einer Erhöhung des Regelsatzes um monatlich 35 Euro auf 394 Euro ab. Damit entstünden Mehrkosten von 2,9 Milliarden Euro. Die Regierung plant eine Anhebung auf 364 Euro.

SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig wies Anwürfe aus der Koalition zurück, die SPD habe mit Maximalforderungen in Milliardenhöhe die Verhandlungen erschwert: „Das sind Nebelkerzen“. Für jede Forderung der Opposition gebe es einen konkreten Deckungsvorschlag. Der Hinweis auf die Kassenlage des Bundes öffne beim Regelsatz „Tür und Tor für neue Verfassungsklagen“. Das Gericht habe mit seinem Hartz-IV-Urteil ein Existenzminimum nach sauberer Berechnungsgrundlage verlangt - und nicht nach der jeweiligen Kassenlage des Bundes.

Hauptstreitpunkt ist dabei nach wie vor die Oppositionsforderung nach einem Mindestlohn für die Zeitarbeit sowie die Umsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ - möglichst schon nach einer vierwöchigen Probezeit der Leih-Arbeitnehmer. Oppermann nannte das FDP-Ansinnen, dies erst nach zwölf Monaten wirksam werden zu lassen, „zynisch“. Nach Schwesigs Worten sind über 60 Prozent der Leiharbeiter weniger als drei Monate bei dem selben Unternehmen beschäftigt.

Sie betonte, die SPD strebe noch immer eine Einigung vor der nächsten Bundesratssitzung am 11. Februar an. Wahltermine seien für ihre Partei dabei nicht entscheidend. Am 20. Februar wird in Hamburg gewählt.

Kommt es im Vermittlungsausschuss zu keiner Einigung über das bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz, werden zahlreiche Einzelklagen von Betroffenen und Sozialverbänden befürchtet. Das Verfassungsgericht hatte im Februar 2010 vom Gesetzgeber eine transparente Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze sowie bessere Bildungschancen für die 2,1 Millionen Kinder aus Hartz-IV-Familien bis zum 1. Januar 2011 verlangt.