Keine Chance für Albigs Autofahrer-Sonderabgabe
Berlin (dpa) - Die von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) vorgeschlagene Sonderabgabe aller Autofahrer zur Reparatur maroder Straßen hat vorerst keine Chance.
Sowohl aus der SPD-Spitze als auch vom Koalitionspartner Union kamen klare Absagen. SPD-Chef und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel stellte klar: „Im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts.“ Albig verteidigte seinen Vorstoß dennoch.
Auch die SPD-Bundestagsfraktion sowie SPD-geführte Landesregierungen lehnten den Vorschlag Albigs ab, der einen Jahresbetrag von etwa 100 Euro ins Spiel gebracht hatte. CDU und CSU sehen für die Abgabe keine Grundlage. Unterstützung kommt dagegen von den Kommunen, die seit längerem darauf dringen, Nutzer der Straßen stärker zur Kasse zu bitten. Das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium wollte sich zunächst nicht äußern.
Albig argumentierte dagegen am Dienstag, Deutschland stehe vor dem Infarkt seiner Infrastruktur: „Wenn wir kneifen, wird uns die Realität einholen.“ Er verwies auf einen Länderbeschluss, wonach jedes Jahr 7 Milliarden Euro zusätzlich zur Sanierung verfallender Straßen bereitgestellt werden sollten. Die große Koalition in Berlin habe lediglich 5 Milliarden für die gesamte Legislaturperiode vereinbart. Das sei einfach zu wenig. Albig plädierte erneut für einen Sonderfonds. Diesen hatten auch eine Expertenkommission und die Länder vorgeschlagen. Er sollte vom Bund gespeist werden.
Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß nannte Albigs Vorschlag einer Sonderabgabe auf seiner Facebookseite aus sozialdemokratischer Sicht „völlig inakzeptabel“. Der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs sagte: „Wir wollen keine wie auch immer gestaltete Pkw-Maut.“
CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte, im Koalitionsvertrag seien fünf Milliarden Euro für die dringend notwendigen Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur vereinbart worden. Albigs Idee müsse daher nicht vertieft werden. Nach den Worten von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer gibt es in der schwarz-roten Koalition dafür keine Mehrheit.
Rheinland-Pfalz würde laut Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dem Vorschlag „in keinster Weise folgen“. Der Bund nehme an allen Ecken und Enden Geld über die Autofahrer ein, darüber müsse er die Kosten stemmen. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mahnte in der „Mitteldeutschen Zeitung“, der Staat müsse lernen, mit den bestehenden Einnahmen auszukommen.
Die Steuereinnahmen des Staates sind weiter auf Rekordkurs: Im März stiegen sie nach Angaben des Bundesfinanzministeriums gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,2 Prozent. Und die Einnahmeprognosen für dieses Jahr sowie die Folgejahre dürften bei der nächsten Steuerschätzung Anfang Mai erneut nach oben korrigiert werden - angesichts verbesserter Konjunkturprognosen und guter Lohnentwicklung.
Nach Meinung des Präsidenten des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, gibt es daher auch ohne neue Mautinstrumente Spielräume: „Da die Steuer- und Abgabenlast für die Autofahrer in Deutschland bereits sehr hoch ist, bauen wir weiterhin auf die Zusicherung der Koalition, dass der einzelne Autofahrer nicht stärker finanziell gefordert wird.“
Linke-Chef Bernd Riexinger vermutete in den „Ruhr Nachrichten“, die große Koalition wolle gleich nach den Landtagswahlen im Herbst eine allgemeine Pkw-Maut auf den Weg bringen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter machte sich für eine Ausweitung der Lkw-Maut stark.
Die Kommunen unterstützen Albigs Vorstoß. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte „Handelsblatt online“: „Eine nachhaltige Sanierung der teilweise vorhandenen Schlaglochpisten in den Städten ist aus eigener Finanzkraft kaum noch realisierbar.“ Die Nutzer müssten stärker herangezogen werden.