Keine Mehrwertsteuerreform bis zur Bundestagswahl
Berlin (dpa) - Eine Reform der kaum noch durchschaubaren Ausnahmen bei den Mehrwertsteuersätzen ist mindestens bis zur Bundestagswahl vom Tisch.
„In dieser Legislaturperiode wird es keine Initiative in Sachen Mehrwertsteuer geben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Raucher müssen seit Jahresbeginn tiefer in die Tasche greifen - als Konsequenz aus einer 2010 beschlossenen Erhöhung der Tabaksteuer in fünf Schritten.
Union und FDP hatten 2009 im Koalitionsvertrag vereinbart, die vielen Ausnahmen bei den Mehrwertsteuersätzen zu überprüfen. Treffen einer Reform-Kommission wurden aber immer wieder abgesagt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die Hoffnung auf eine grundlegende Reform wegen fehlender Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat schon vor Monaten aufgegeben.
Den reduzierten Mehrwertsteuersatz gibt es seit 1968. So sollte das Existenzminimum privilegiert werden. Es geht um subventionierte Produkte, die dem Gemeinwohl dienen - wie Lebensmittel, Bücher oder Zeitungen, aber auch Leistungen im öffentlichen Nahverkehr oder Kulturangebote. Insgesamt umfasst die Liste rund 50 Punkte mit zum Teil etlichen Unterpunkten. Mit 7 Prozent liegt der ermäßigte Satz weit unter dem Regelsatz von 19 Prozent.
Ein Sprecher des Finanzministeriums versicherte vor dem Hintergrund der vor gut zwei Jahren beschlossenen Tabaksteuer-Erhöhung: „Es gibt darüber hinaus keine weitergehenden Pläne für Steuererhöhungen auf Tabak-Feinschnitt.“ Er dementierte damit einen Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“, nach dem Schäuble nach der Bundestagswahl im Herbst die Steuer auf Tabak-Feinschnitt für selbst gedrehte Zigaretten erhöhen will.
Die Bundesregierung hatte Ende 2010 eine Tabaksteuer-Erhöhung beschlossen, die bis 2015 eine Preissteigerung von 4 bis 8 Cent pro Jahr für eine Schachtel Zigaretten ausmacht. Noch teurer wird es für Raucher selbstgedrehter Zigaretten - für eine 40-Gramm-Packung soll die Steuer pro Jahr um 12 bis 14 Cent steigen. Insgesamt ist hier ein Aufschlag von bis zu 70 Cent geplant. Mit den Extra-Einnahmen will die Koalition eine Lücke in einem Sparpaket schließen, die wegen der Ökosteuer-Subventionen gerissen worden war.
Der Sprecher des Finanzministeriums wies zudem einen Bericht über Milliarden-Sparpläne Schäubles für die kommenden Jahre zurück. Die Haushaltseckwerte für 2014 bis 2017 würden derzeit erarbeitet. Im März werde es einen Kabinettsbeschluss geben. Dadurch werde maximale Transparenz hergestellt, wie sich das Ministerium den Haushalt 2014 vorstelle. „Das hat überhaupt nichts mit Heimlichtuerei oder angeblichen Sparplänen zu tun“, sagte der Sprecher.
Zu einem Bericht der „Rheinischen Post“, nach dem Schäuble im Haushalt 2014 fünf bis sechs Milliarden Euro gegenüber der bisherigen Finanzplanung einsparen wolle, sagte der Sprecher: „Die Zahlen kommen nicht aus unserem Haus.“ Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte der Zeitung: „Wenn wir die sogenannte strukturelle Null 2014 erreichen wollen, müssen wir eine Lücke von etwa fünf Milliarden Euro schließen.“ Dies werde nur durch Ausgabenkürzungen gehen. Die Koalition hatte sich im November darauf geeinigt, das strukturelle Defizit des Bundes bereits 2014 statt erst 2016 auf Null zu senken.