Keine Preisbremse: Bürgern droht höhere Stromrechnung
Berlin (dpa) - Die Verbraucher in Deutschland müssen sich auf höhere Stromrechnungen einstellen. Ein Grund ist, dass die über den Strompreis zu zahlende Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien einer Studie zufolge 2014 erneut stark steigen wird.
Von derzeit knapp 5,3 Cent je Kilowattstunde werde sie auf etwa 6,1 Cent zulegen, ermittelte das Öko-Institut in einer am Montag vorgestellten Studie im Auftrag von Greenpeace. Das würde einen Durchschnittshaushalt statt bisher mit 185 Euro mit knapp 215 Euro pro Jahr belasten.
Hinzu kommt, dass die Kosten durch Ausnahmen bei den Netzentgelten von 805 Millionen Euro nächstes Jahr auf 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro steigen könnten. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag der Grünen-Fraktion. Diese Industrierabatte werden von den übrigen Stromkunden über eine weitere Umlage bezahlt, die ebenfalls Teil des Strompreises ist. Begünstigt wurden im Zuge einer umstrittenen Änderung auch mehrere Golfplätze, Schlachtereien und Kühlhäuser. Der CDU-Politiker Joachim Pfeiffer sprach von „grüner Stimmungsmache gegen die Industrie“.
Zuletzt kletterte die Zahl der Begünstigten aber auf über 3330. So sollen wegen der Belastungen durch die Energiewende Arbeitsplätze gesichert werden. Das Rabattvolumen werde sich 2014 trotz einer geplanten Einschränkung der Ausnahmetatbestände weiter erhöhen, heißt es in der Studie.
Ein Grund ist, dass die Netzentgelte auch wegen des Ausbaus im Zuge der Energiewende um 10 bis 20 Prozent steigen werden, „so dass die Entlastung bestimmter Großverbraucher teurer wird“. Zudem sei die Umlage 2012 zu niedrig angesetzt worden, weshalb der Fehlbetrag nun aufgeschlagen werde. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn forderte beim Rabatt-Umfang, „schleunigst die Reißleine zu ziehen“.
Durch die parallelen Entwicklungen könnte die Jahres-Stromrechnung etwa eines Drei-Personen-Haushalts mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch erstmals die Grenze von 1000 Euro durchbrechen. Hauptgrund für den erwarteten weiteren Anstieg der Ökostrom-Umlage sind weniger neue Wind- und Solarparks. Der Zubau dürfte besonders im Solarbereich weit geringer ausfallen als in Vorjahren. Die Zusatzkosten entstehen vor allem durch die Berechnungsgrundlage für die Umlage. Gezahlt werden muss die Differenz zwischen dem an der Strombörse erzielten Preis für Wind- und Solarstrom und dem garantierten festen Vergütungssatz.
Da durch immer mehr Ökostrom die Börsenstrompreise gefallen sind, wachsen die Umlagekosten. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Energieversorger gesunkene Einkaufspreise an die Haushalte weitergeben, forderte Felix Matthes vom Öko-Institut. Dies tun die Unternehmen bisher kaum. Hinzu kommt, dass wegen eines Preisverfalls bei CO2-Verschmutzungsrechten Kohlestrom derzeit sehr billig ist - was die Börsenstrompreise ebenfalls drückt. Die Bundesregierung ist sich aber uneins über eine Reform auf EU-Ebene, mit der der Preis für Verschmutzungsrechte und damit auch der Börsenpreis steigen würde.
Die Umlage ist aber auch deshalb so hoch, weil Union und FDP die Zahl an Ausnahmen für energieintensive Unternehmen - wie bei den Netzentgelten - ausgeweitet hatten. Greenpeace fordert zur Senkung von Kosten weniger Industrierabatte. So könnte die Umlage um bis zu 1,6 Cent sinken, sagte Energieexperte Andree Böhling.
Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) rechnet mit einer Ökostrom-Umlage von 6 Cent und mehr - sie muss bis zum 15. Oktober von den vier Übertragungsnetzbetreibern veröffentlicht werden. Vor Beginn der schwarz-gelben Koalition lag die Belastung durch die Umlage 2009 insgesamt noch bei 5,27 Milliarden Euro, 2013 sind es 20,3 Milliarden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte 2011 gesagt, die Umlage solle nicht über 3,5 Cent steigen. Bald droht das Doppelte.