Kirchentags-Veranstalter sehen wichtige Signale für Gerechtigkeit

Hamburg (dpa) - Vom Evangelischen Kirchentag in Hamburg sind nach Einschätzung der Veranstalter wichtige gesellschaftliche Impulse für mehr sozialen Ausgleich, eine neue Bescheidenheit und die Bewahrung der Schöpfung ausgegangen.

„Die Losung "Soviel du brauchst" hat den Nerv der Zeit getroffen“, bilanzierte Kirchentagspräsident Gerhard Robbers am Samstag. Das fünftägige Glaubensfest mit 120 000 Dauerteilnehmern habe vor allem „die Frage der Gerechtigkeit in den Mittelpunkt gerückt“.

Am letzten Programmtag strömten die Kirchentagsbesucher bei strahlendem Sonnenschein nochmals zu den Veranstaltungen. Am Sonntag geht das Christentreffen mit einem großen Open-Air-Gottesdienst zu Ende.

Bei einer Podiumsdiskussion forderte Verdi-Gewerkschaftschef Frank Bsirske höhere Löhne und ein uneingeschränktes Streikrecht für die 1,3 Millionen Beschäftigten der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände. Verdi geht schon länger gegen den Sonderweg der evangelischen und katholischen Kirche beim Arbeitsrecht vor. Kirchenvertreter und Gewerkschafter vereinbarten vor diesem Hintergrund in Hamburg eine gemeinsame Veranstaltungsreihe „zum besseren Verständnis von Grundfragen“.

Die Bezahlung von Kirchenmitarbeitern - darunter mehr als eine Million in Diakonie und Caritas - wird nicht in Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften festgelegt, sondern in Kommissionen. Das Bundesarbeitsgericht hatte diese Praxis im November 2012 im Grundsatz bestätigt, aber eine bessere Beteiligung der Gewerkschaften angemahnt. Auch das Streikverbot wurde gelockert. Verdi reicht das nicht aus, die Gewerkschaft hat zur Klärung der Frage in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingereicht.

„Von diesem Kirchentag gehen kraftvolle Impulse in unsere Gemeinden und in die ganze Gesellschaft hinein“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider. „Der Kirchentag zeigt, dass es ein enormes Bedürfnis dafür gibt, sich einzumischen und Dinge ändern zu wollen“, meinte die Bischöfin der gastgebenden Nordkirche, Kirsten Fehrs. „Ich bin überwältigt von der herrlichen Stimmung in meiner - in unserer Stadt.“

Trotz der Besuche vieler Politiker - neben Bundespräsident Joachim Gauck waren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr SPD-Herausforderer Peer Steinbrück in Hamburg - habe der Wahlkampf den Kirchentag nicht geprägt, erklärten die Veranstalter. „Es war ein themenorientierter Kirchentag, der die Aktualität des Glaubens, der biblischen Botschaft in den Mittelpunkt rückte“, meinte Robbers.

„Es ist eine Masse von Menschen, und trotzdem sind die Leute so freundlich“, schwärmte Pfadfinder Daniel Marx (17) aus Ludwigshafen in der Pfalz, der als Helfer vor dem Hauptbahnbahnhof die blauen Kirchentagsschals verkaufte. In der Hamburger Innenstadt saßen zahlreiche Menschen vor dem Rathaus und genossen die wärmende Sonne, lauschten Musik und Diskussionsrunden. An den Landungsbrücken drängten sich die Kirchentagsbesucher, um maritimes Flair zu erleben. Dichtes Gedränge herrschte wie schon an den Vortagen auf dem „Markt der Möglichkeiten“ in den Messehallen.