Elefantenrunde Koalition unter Druck: Gipfel der Parteichefs endet dürftig

Berlin. Die Stimmung wird immer als "gut" oder "entspannt" bezeichnet. Und bei vorherigen Gipfeltreffen der Parteivorsitzenden der Koalition war es auch gelegentlich schon so, dass die Kanzlerin höchstpersönlich los zog, um das Papier zu besorgen, auf dem die Drei dann ihre Beschlüsse notierten.

Das Gipfeltreffen zwischen Angela Merkel, Horst Seehofer (M) und Sigmar Gabriel brachte nicht viele Ergebnisse hervor.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Am Mittwochabend ist das offenbar nicht nötig gewesen - so dürftig fielen die Ergebnisse des rund zweistündigen Treffens aus. Stattdessen ging gestern der Streit weiter.

Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) einigten sich dem Vernehmen nach nur darauf, wichtige, auf Eis liegende Vorhaben noch bis zur Sommerpause umsetzen zu wollen. Mehr wurde nicht bekannt. Der zeitliche Druck ist zweifellos da. Im September wird in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gewählt, anschließend zeichnet sich der Bundestagswahlkampf am Horizont ab. Politisch wird die schwarz-rote Koalition dann nicht mehr viel zu Wege bringen können.

Auf der anderen Seite ist es leichter gesagt als getan, die strittigen Themen bis zum Sommer abräumen zu wollen. Erfolge gönnt man sich gegenseitig schon lange nicht mehr. Und über allem schwebt der Streit um die Flüchtlingspolitik. Immer noch unzufrieden ist die schon seit Monaten motzende CSU mit dem Regierungshandeln in Berlin. Gipfeltreffen hin oder her, Partei-Chef Horst Seehofer forderte erneut einen Kurswechsel der Unionsparteien in der Flüchtlingspolitik. Außerdem warf er (der von der CSU mitgetragenen) Bundesregierung einen "selbstherrlichen Regierungsstil" vor. Auslöser war der Plan von Innenminister Thomas de Maizière (CDU), die Grenzkontrollen auch zwischen Bayern und Österreich aufheben zu wollen.

Starker Tobak aus München, der belegt, dass es gelinde gesagt schwierig bleibt in der Koalition. Die CSU wird weiter alle Hebel in Bewegung setzen, um Kanzlerin Angela Merkel zu einer härteren Gangart in der Flüchtlingspolitik zu bewegen. Auch wenn die Zahlen ankommender Asylsuchender wegen der geschlossenen Balkanroute dramatisch gesunken sind. Die Flüchtlinge suchen sich andere Wege, wie das Innenministerium bestätigt. Freilich hat die SPD das bajuwarisch Gepolter jetzt satt. Sie ist genervt und gereizt. Nach dem Treffen im Kanzleramt keilten führende Genossen offenbar mit Billigung ihres Parteichef ordentlich zurück: Vize Ralf Stegner nannte die CSU einen "Störenfried", SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wetterte: "Es reicht jetzt wirklich. Weil die CSU in der Flüchtlingspolitik nicht ihren Willen bekommt, blockiert sie alles, was geht."

Da ist was dran. Um die Erbschaftsteuerreform gibt es schon lange koalitionsinternen Zoff. Zuletzt wurde ein CDU/SPD-Kompromissvorschlag von der CSU kassiert. Auch der von Arbeitsministerin Andra Nahles (SPD) vorgelegte Gesetzentwurf für strengere Regeln bei Werkverträgen und der Zeitarbeit wurde von der CSU blockiert. Er sollte schon Anfang März vom Kabinett beraten werden. Gestern stellte sich wiederum Nahles gegen das von Innenminister de Maizière geplante Integrationsgesetz, mit dem Flüchtlingen bei mangelnder Integration ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verweigert werden kann. "Dazu werde ich nicht Ja sagen", erklärte Nahles. Wie du mir, so ich dir. Streit gibt es auch bei der Energiewende und dem Behindertenrecht. Kommenden Mittwoch soll nun der Koalitionsausschuss nach Lösungen suchen, dann kommen auch die Fraktionschefs und wichtige Minister dazu. Denn bis zum Sommer ist nicht mehr viel Zeit.