Kopf-an-Kopf-Rennen in Schleswig-Holstein erwartet
Kiel (dpa) - Schleswig-Holstein steht vor einer Landtagswahl mit denkbar knappem Ausgang. Hält sich die CDU mit Spitzenkandidat Jost de Jager an der Macht, oder wird sie von der SPD mit dem Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig abgelöst?
In Umfragen liefern sich beide ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Die Liberalen könnten mit Wolfgang Kubicki ihre mehr als einjährige Niederlagenserie stoppen, für eine Neuauflage der CDU/FDP-Koalition dürfte es aber kaum reichen. Der Linken droht nach nur zweieinhalb Jahren im Parlament das Aus, während die Piraten ihren Siegeszug fortsetzen dürften. Die Wahl gilt als wichtiger Stimmungstest für den Urnengang in Nordrhein-Westfalen am Sonntag darauf und für den Bund.
Zur Wahl sind mehr als 2,2 Millionen Bürger aufgerufen. Um die regulär 69 Sitze im Landtag bewerben sich elf Parteien. Durch Überhang- und Ausgleichmandate könnte sich die Zahl der Mandate deutlich erhöhen. Zuletzt zählte der Landtag 95 Abgeordnete.
CDU und SPD liegen in Umfragen bei 31 bis 33 Prozent. Damit könnten die Sozialdemokraten ihre historische Niederlage von 2009 (25,4 Prozent) wettmachen. Vor allem Spitzenkandidat Albig ist beliebt. Ihn sähen laut Umfragen deutlich mehr Bürger gern an der Regierung als seinen CDU-Rivalen de Jager. Der bisherige Wirtschaftsminister tritt an, um den scheidenden Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen zu beerben, der sich aus der Politik zurückzieht.
Albig hat ein Bündnis mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) zur Wunschkoalition erklärt, weil es laut neuesten Umfragen für Rot-Grün allein wahrscheinlich nicht reicht. Es wäre das erste Mal, dass die Partei der dänischen Minderheit mitregiert. Doch auch eine große Koalition ist möglich. FDP-Hoffnungsträger Kubicki wirbt für ein Jamaika-Bündnis von CDU, FDP und Grünen. Eine klassische Ampel mit SPD, Grünen und FDP wäre ebenfalls denkbar.
„Nach großen Koalitionen sehnt sich niemand“, sagte de Jager am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Aber wenn es nicht anders gehe, müsse sie möglich sein. 2009 war ein Bündnis von CDU und SPD unter den ewigen Widersachern Carstensen und SPD-Landeschef Ralf Stegner geplatzt. Das Verhältnis von de Jager und Albig gilt als entspannter, wobei de Jager zuletzt gegen die „Dänen-Ampel“ wetterte.
Angesichts des ungewissen Ausgangs boten die Parteien im Wahlkampf ihre gesamte Prominenz auf - von der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Grünen-Spitze Cem Özdemir und Claudia Roth bis zu FDP-Chef Philipp Rösler und NRW-Spitzenkandidat Christian Linder. Merkel wollte am Freitagabend noch einmal für de Jager werben.
Kehrt die SPD nach sieben Jahren Opposition ans Ruder zurück, dürfte das auch ihren Wahlkämpfern in Nordrhein-Westfalen Auftrieb geben. Ziehen die Liberalen wieder in beide Landtage ein, würde das der angeschlagenen Bundes-FDP den Rücken stärken.
Die Nord-Grünen rangierten zuletzt bei 12 bis 13 Prozent. Die Piratenpartei liegt zwischen 8 und 10, der von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommene SSW bei 4 Prozent. Die FDP könnte auf 6 bis 7 Prozent kommen. Die Linke dümpelt bei 2 Prozent.
Bei der Landtagswahl 2009 erzielte die CDU 31,5 Prozent, die SPD 25,4, die FDP 14,9 und die Grünen 12,4. Die Linke erhielt 6 und der SSW 4,3 Prozent. Damit gab es nach den Zweitstimmen eigentlich keine Mehrheit für Schwarz-Gelb. CDU und FDP konnten nur regieren, weil sie wegen komplizierter Regeln zu Überhangmandaten einen Sitz mehr als die versammelte Opposition bekamen. Das Landesverfassungsgericht erklärte das für verfassungswidrig und ordnete eine Neuwahl an.