Kritik am Atomausstieg in der CSU-Landesgruppe
Passau (dpa) - Die Regierungspläne zum Atomausstieg stoßen in der CSU-Landesgruppe zunehmend auf Kritik. Führende CSU-Abgeordnete wandten sich in der „Passauer Neuen Presse“ gegen ein festes Ausstiegsdatum.
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Ernst Hinsken, kritisierte zudem, das Ausstiegsgesetz sei „mit heißer Nadel gestrickt“.
„Die Skepsis in der Koalition und in der Fraktion der Union ist groß. Wir brauchen dringend Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren“, sagte Hinsken. Der CSU-Politiker ließ offen, ob er dem Ausstiegsgesetz im Bundestag zustimmen wird. Er werde sich in die Beratungen einbringen und bei der Entscheidung „dann entweder mit Ja oder mit Nein stimmen“.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, wollte sich auf sein Abstimmungsverhalten nicht festlegen. „Ich habe Bedenken, ob wir den Umstieg auf erneuerbare Energie tatsächlich so schnell schaffen können wie geplant. Wir brauchen grundlastfähigen Strom“, sagte Straubinger dem Blatt. Auch er halte nichts von einem festen Ausstiegsdatum. Es mache keinen Sinn, die Atommeiler in Deutschland abzuschalten und dann Atomkraft aus Tschechien zu beziehen.
Gegenwind kommt auch aus den Ländern: Die SPD-geführten Bundesländer fordern nach Informationen der Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ vom Bund die Übernahme weiterer finanzieller Lasten des Atomausstiegs.
Das Blatt zitiert aus dem Entwurf eines entsprechenden Bundesratsantrags zum Gesetzespaket zur Energiewende: „Steuermindereinnahmen bei Ländern und Gemeinden sind zu kompensieren.“ Der Bund solle nicht nur etwaige Entschädigungsverpflichtungen gegenüber den Atomkonzernen tragen, sondern auch den Rückbau stillgelegter Kernkraftwerke und Forschungsreaktoren finanzieren, soweit dies nicht durch die Betreiber erfolge. Der Bundesrat soll am 8. Juli abschließend über das Gesetzespaket zur Energiewende entscheiden.
Der Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022 wird nach Auffassung von Klimaforschern und Ökonomen weder den Ausstoß von Treibhausgasen erhöhen noch die Strompreise. Zu diesem Ergebnis komme eine Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und der Uni Leipzig, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. So werde es preislich kaum einen Unterschied machen, ob zusätzlich neue Kohle- oder Gaskraftwerke gebaut werden. Die Studie wurde dem Bericht zufolge im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung gefertigt.
Am Donnerstag hatte Kanzlerin Angela Merkel einen nationalen Kraftakt für den Atomausstieg bis 2022 gefordert. „Es handelt sich um eine Herkulesaufgabe. Ohne Wenn und Aber“, sagte die CDU-Chefin in einer Regierungserklärung im Bundestag.
Für Merkel ist die Energiewende zu mehr Ökostrom nur möglich, wenn Bürger und Parteien beim nötigen Netzausbau mitziehen. Die Opposition rechnete in der Debatte mit Merkel scharf ab: Die Atomwende sei unglaubwürdig.
Merkel machte deutlich, dass sie ihre Entscheidung von 2010 für längere Atomlaufzeiten heute als Fehler betrachtet. Die Atomkatastrophe in Japan habe ihr klar gemacht, dass das Restrisiko Wirklichkeit werden könne: „Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert.“