Länder wollen NPD-Verbot - Bund hält sich bedeckt
Berlin (dpa) - Die Länder steuern zielstrebig auf einen neuen NPD-Verbotsantrag zu, der Bund hält sich in der Frage jedoch bedeckt.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), sagte für die anstehende Entscheidung seiner Länderkollegen eine breite Mehrheit für ein neues Verbotsverfahren voraus. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verwies dagegen erneut auf die Risiken. Auch andere Zweifler aus der Union meldeten sich zu Wort.
Die Bundesländer werden in dieser Woche voraussichtlich einen neuen NPD-Verbotsantrag beschließen. Am Mittwoch beraten zunächst die Innenminister darüber, am Donnerstag die Ministerpräsidenten. 2003 war ein erster Anlauf vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil V-Leute des Verfassungsschutzes bis in die Führungsebene der rechtsextremen Partei tätig waren.
Inzwischen halten fast alle Länder einen neuen Anlauf für geboten. Als Skeptiker gelten noch Hessen und das Saarland. Niedersachsen hatte vor wenigen Tagen eingelenkt.
Caffier sagte der „Passauer Neuen Presse“, er sei sehr zuversichtlich, dass die Innenminister bei ihrem Treffen zu einer gemeinsamen Position kommen und den Ministerpräsidenten einen Verbotsantrag empfehlen. „Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass schwerwiegende formaljuristische Fehler wie im ersten Verbotsverfahren dieses Mal ausgeschlossen sind, würde ich nicht so vehement für ein Verbotsverfahren werben.“ Der Antrag könne möglicherweise schon bis Mitte 2013 in Karlsruhe eingereicht werden.
Friedrich hat dagegen Bedenken. Sein Ministerium habe seit einem Jahr intensiv das Material für ein Verbotsverfahren zusammengetragen, sagte der Minister am Rande einer CSU-Vorstandssitzung in München. „Aber zur Vollständigkeit gehört es zu sagen, dass es juristische Risiken gibt.“ Das Verfassungsgericht werde möglicherweise seine Anforderungen für ein Parteiverbot erhöhen und strengere Kriterien anlegen als beim ersten Anlauf. Außerdem verwies Friedrich auf eine mögliche Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch die NPD. Dieser Gerichtshof sei bisher „nicht durch konsistente Rechtsprechung aufgefallen“. Der Ausgang eines Verfahrens in Straßburg sei „völlig unberechenbar“.
Der SPD-Vorstand forderte Friedrich auf, unverzüglich Klarheit zu schaffen, ob sich die Bundesregierung einem Verbotsantrag anschließt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann mahnte, der Minister müsse endlich klar sagen, was er wolle.
Die Linke pochte dagegen auf eine gründliche Prüfung. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke forderte, auch die Abgeordneten im Bundestag müssten das Beweismaterial gegen die NPD einsehen dürfen. Parteichefin Katja Kipping mahnte, Gründlichkeit habe Vorrang. Ein Scheitern eines Verbotsverfahrens könne kein Demokrat wollen.
Die Union ist in der Frage geteilt. CSU-Chef Horst Seehofer sieht keinerlei Grund, auf einen neuen Verbotsanlauf zu verzichten. „Die politische Entscheidung ist mehr als notwendig“, sagte er in München. In der Unionsfraktion im Bundestag wächst jedoch der Widerstand gegen einen solchen Schritt. Ein Gang zum Verfassungsgericht wäre „juristisch riskant und politisch unnötig“, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), dem „Tagesspiegel“.
Auch Fraktionsvize Günter Krings (CDU) äußerte Zweifel. Die Fraktion könne die Beweise gegen die NPD nicht fachlich bewerten und nicht einschätzen, ob diese wirklich komplett ohne Informationen von V-Leuten seien. In so einem Fall gebe es ein großes Problem. Krings befürchtet, „dass unter den Ländern jetzt ein Schwarmverhalten einsetzt und keiner bei einem Verbotsantrag außen vor bleiben will“. Aber noch sei die Entscheidung nicht gefallen.