Linguistin: Deutsche sollten Arabisch oder Kurdisch lernen
Hamburg (dpa) - Der Zustrom von Flüchtlingen sollte nach Ansicht einer Hamburger Linguistin zum Sprachenlernen ermuntern. „Die Welt ist normalerweise mehrsprachig“, sagte Prof. Angelika Redder von der Universität Hamburg der Deutschen Presse-Agentur.
„Wir sind in Deutschland lange Zeit Monolingualität gewöhnt gewesen. Und ich halte es für eine Verarmung, die Monolingualität einfach nur zu verschieben, hin zum globalen Englischen.“
Neben der Muttersprache eine Fremdsprache lernen, das lasse sich jetzt zum Beispiel im Tandem machen: Ein Einheimischer könne einem Zuwanderer Deutsch beibringen, während er von diesem Arabisch, Persisch oder Kurdisch lerne.
Bislang habe das Lernen in der Schule als mühsam gegolten, weil es um Sprachen ging, die die Schüler nicht direkt anwenden konnten. „Nur wenn man dann in den Ferien nach Frankreich oder Spanien fuhr, konnte man das wieder benutzen.“ Die Sprachen der Zuwanderer hätten dagegen einen direkten kommunikativen Wert. Wenn man nur ein bisschen verstehe, könne das schon helfen. „Das nimmt auch Angst“, ist Redder überzeugt.
Beim bundesweiten Akademientag an der Universität Hamburg will Redder am Mittwoch mit einem Vortrag dafür werben, die selbstverständliche Vielstimmigkeit einer Stadt bewusster wahrzunehmen. Veranstalter ist die Akademienunion, zu der acht deutsche Wissenschaftsakademien gehören.
Unterdessen fordert das Bundesinnenministerium nach einem Zeitungsbericht mehr Geld, um Deutschlehrer für Flüchtlinge besser bezahlen zu können. „Eine Änderung der finanziellen Rahmenbedingungen im Integrationskurs ist dringend erforderlich, um eine angemessene Vergütung von Honorarlehrkräften zu erreichen“, heißt es in einem unveröffentlichten Ministeriumsbericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der der „Welt am Sonntag“ vorliegt.
Nur zehn Prozent der zugelassenen Sprachlehrer seien dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als unterrichtende Lehrkraft gemeldet. Das Ministerium schlägt dem Bericht zufolge vor, die derzeitige Vergütungsuntergrenze von 23 Euro je Unterrichtseinheit in Integrationskursen auf 35 Euro anzuheben. Das BAMF soll sich an den Kosten der Sprachkurse künftig mit 4 statt aktuell 3,10 Euro je Kursteilnehmer beteiligen.
Dies wäre allerdings „mit einem erheblichen zusätzlichen Bedarf an Haushaltsmitteln verbunden“, wie es im Bericht heißt. Für 100 000 Integrationsteilnehmer würden sich zusätzliche Ausgaben von 52 Millionen Euro ergeben. Hochgerechnet auf die bis zu 550 000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr laut BMI an Sprachkursen teilnehmen könnten, seien es bis zu 286 Millionen Euro zusätzlich.
Die Grünen halten den Vorschlag für überfällig. „Endlich fordert das Innenministerium in einem Bericht eine deutlich höhere Bezahlung“, sagte die Haushaltspolitikerin Anja Hajduk der Zeitung.