Linus, ein Opfer von Ärztepfusch

Im Krankenhaus bekam der kleine Solinger falsche Augentropfen. Seine Familie kämpft.

Wuppertal. Auf dem einen Auge sieht Linus gar nichts mehr, mit dem anderen kann der Säugling wohl nur schwarz-weiße Kontraste wahrnehmen.

Schuld daran soll ein Behandlungsfehler in der St. Anna-Klinik in Wuppertal Anfang Februar sein. Eltern und Opa kämpfen seitdem dafür, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

„Wir kämpfen so lange, bis die Verursacher richtig bestraft werden. Unser Ziel ist Gerechtigkeit“, sagt Linus’ Opa, Eugen Ordowski. Laut Staatsanwaltschaft soll sein Enkel Augentropfen verabreicht bekommen haben, die eintausend Mal zu hoch dosiert waren.

Grund dafür soll eine Falschübermittlung des Rezeptes unter den behandelnden Ärzten sowie die unvollständige Prüfung der Apotheke gewesen sein. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung, falscher Verdächtigung und Urkundenfälschung. „Die Klinik möchte das unter den Tisch kehren, aber wir machen weiter“, erklärt der Opa.

Er war derjenige, der als erster aus der Familie in die Öffentlichkeit getreten ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Experten schätzen, dass die Dunkelziffer bei Behandlungsfehlern hoch ist. Insgesamt sollen laut unterschiedlichen Schätzungen zehntausende Menschen jedes Jahr wegen Ärztefehlern in deutschen Kliniken sterben.

Hüft- und Knie-Operationen, Behandlungen wegen Armbrüchen und Brustkrebs zählen zu den häufigsten Eingriffen unter Pfuschverdacht. Viele der 99 Todesfälle im vergangenen Jahr gingen darauf zurück, dass es nach einer OP zu einer Infektion mit Blutvergiftung kam, erklärte der Geschäftsführer der norddeutschen Schlichtungsstelle, Johannes Neu, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer Studie der Gutachterkommission und Schlichtungsstelle der Ärztekammern.

An die Kommission können sich Patienten wenden, wenn sie glauben, falsch behandelt worden zu sein. Sie hat die Aufgabe festzustellen, ob ein Arzt einen Fehler begangen hat, durch den der Patient Schaden genommen hat.

Die Einrichtung kann von Ärzten und Patienten eingeschaltet werden. Laut Bundesärztekammer werden durch sie ein Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle bewertet.