Verdacht auf Ärztefehler: Wo Patienten Hilfe bekommen

Hamburg (dpa/tmn) - Die Zahl der Kunstfehler bei medizinischen Behandlungen steigt. Wenn Patienten beim Arzt oder Krankenhaus auf taube Ohren stoßen, sollten sie Expertenrat suchen. Wer helfen kann - ein Überblick.

Hilfe bietet die Krankenkasse - sie könne den Medizinischen Dienst einschalten, erklärt Christoph Kranich, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Dienst erstelle ein Gutachten in der Angelegenheit. Das sei allerdings nicht bindend für Ärzte oder Krankenhäuser, könne aber in einem Gerichtsverfahren nützlich sein. Auch Patientenberatungsstellen können erster Ansprechpartner sein.

Eine weitere Adresse für hilfesuchende Patienten sind Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen der Ärztekammern. Laut einer aktuellen Statistik haben Gutachter der Ärzteschaft im vergangenen Jahr eine zunehmende Zahl von Medizinerfehlern festgestellt. Auch beschwerten sich etwas mehr Patienten bei den Gutachterstellen.

Die Kommissionen der Ärzteschaft haben Kranich zufolge den Vorteil, dass sie den Patienten nichts kosten. Sie bewerten den Fall aufgrund der Aktenlage. Allerdings seien diese Stellen nicht völlig unabhängig, weil sie zu den Ärztekammern gehören. Außerdem könne die Beurteilung nach Aktenlage unbefriedigend für die Betroffenen sein, und auch hier sei das Ergebnis nicht bindend für Arzt oder Krankenhaus. Darüber hinaus könne das Gutachten zu einer Art „Vor-Urteil“ werden, wenn der Fall vor Gericht geht und der Richter es dann heranzieht.

Die Zahl der Kunstfehler bei medizinischen Behandlungen steigt: In 2287 Fällen kamen ärztliche Gutachterstellen im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass Behandlungen, Diagnosen oder die Patientenaufklärung fehlerhaft oder unzulänglich waren. 2010 waren es noch 2199 Fälle. Dies zeigt die am Dienstag (19.6.) in Berlin veröffentlichte Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. Für 99 Patienten endeten die ärztlichen Fehler tödlich, in 721 weiteren Fällen kam es zu Dauerschäden.

Am häufigsten werfen Patienten ihren Ärzten vor, bei Operationen geschludert zu haben. 3808 Beschwerden dieser Art erreichten die Gutachter 2011. Nach der Häufigkeit folgen dann Anträge wegen mutmaßlicher Fehler nach der Operation und bei Diagnosen.

Unklar war zunächst, ob der Anstieg auch mit einer besseren Information der Patienten über ihre Beschwerdemöglichkeiten zusammenhängt. Insgesamt gab es etwas mehr Entscheidungen der ärztlichen Stellen: 7452 nach 7355 im Vorjahr. Es beschwerten sich auch etwas mehr Patienten: 11 107 nach 11 016 ein Jahr zuvor.