Klassiker und neue Kreationen: Sommerzeit ist Eiszeit

Nürnberg (dpa) - Die Eishersteller hoffen auf einen richtig heißen Sommer. Sie haben schon lange nicht nur die Klassiker wie Vanille und Schoko im Angebot. Inzwischen gibt es auch Quittensorbet oder Kokos mit Zitronengras.

Selbst Laktoseintolerante kommen auf ihre Kosten.

Der Sommer steht vor der Tür, und nicht nur Badenixen und Sonnenanbeter erwarten ihn sehnsüchtig - auch die Eishersteller hoffen auf möglichst heiße Wochen. „Eis ist ein sehr wetterbezogenes Produkt“, betont Marika Klette vom Eis Info Service der industriellen Hersteller. Mit anderen Worten: Fällt der Sommer aus, so wie im vergangenen Jahr, macht sich das in den Umsätzen der großen Firmen genauso bemerkbar wie in den Kassen der kleinen Eisdielen.

Klassiker stehen dabei weiter hoch im Kurs. „Unangefochten auf Platz eins ist Vanilleeis, gefolgt von Schokolade. Und auf Platz drei war es jahrelang Erdbeer, aber das ist jetzt abgelöst worden von Nuss“, berichtet Klette unter Berufung auf eine aktuelle Studie. Doch die Kunden erwarten neben dem Altbewährten auch Ungewohntes. „Die Deutschen wollen auch immer neue Sorten, sie sind absolut offen für neue Ideen und Kreationen“, berichtet etwa Barbara Groll vom Nürnberger Hersteller Schöller. Das erste Stieleis des heute zweitgrößten deutschen Herstellers wurde vor genau 75 Jahren aus der Gefrierform gezogen.

In den Eisdielen macht sich die aktuelle Experimentierlust mit Sorten wie Rhabarbersorbet mit Campari, Weinbergpfirsich mit Lavendel oder Avocado-Melone bemerkbar. „Das Spiel mit den Zutaten“ werde weiter zunehmen, ist sich auch Langnese-Expertin Susanne Biljes sicher. Auf Dauer werde der Boom bei exotischen Mischungen jedoch nicht anhalten - im Gegensatz zur starken Nachfrage nach den nostalgischen Produkten, die Erwachsene aus ihrer Kindheit kennen und die derzeit wieder aufgelegt werden.

Der übergreifende und langjährige Megatrend laute Qualität, schildert Biljes. „Die Konsumenten werden immer sensibler: Wo kommen die Produkte her, wie nachhaltig wurden sie hergestellt, wie lang waren die Transportwege.“ Auch Annalisa Carnio von der Union der italienischen Speiseeishersteller (Uniteis) bestätigt: „Die Gäste in den Eisdielen sind anspruchsvoller geworden.“ Inzwischen habe ein durchschnittliches Eiscafé mindestens 30 Sorten im Angebot. Vor allem regionale und saisonale Produkte seien gefragt, also Blaubeeren und Kirschen im Sommer, Birne im Winter.

Hinzu kämen Eissorten für bestimmte Bevölkerungsgruppen, schildert Carnio. „Wir haben immer mehr Leute mit Laktoseintoleranz, deshalb steigt da das Angebot.“ Neben dem traditionell milchfreien Fruchteis könnten die Betroffenen inzwischen etwa auch zu Schokosorbet greifen. „Das gab es vor zehn Jahren nicht.“

Allergiker und Zöliakiekranke kommen ebenfalls auf ihre Kosten, für Kalorienbewusste ist Joghurteis im Angebot. Auch der zunehmende Wunsch der Verbraucher nach naturbelassenen Lebensmitteln werde berücksichtigt, schildert Klette vom Eis Info Service: „Inzwischen verzichten fast alle Hersteller auf künstliche Aromen und Farbstoffe.“

Im Absatz schlägt sich die Ausweitung des Angebots allerdings nicht nieder: Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt seit einem Jahrzehnt stabil bei rund acht Litern pro Jahr. Etwa 1,5 Liter davon werden in Eisdielen gekauft, ein Fünftel im Winter verputzt.

Selbst Italien liegt beim Pro-Kopf-Verbrauch von Markeneis nur hauchdünn vor Deutschland, so gerne wird hierzulande geschleckt und gelöffelt. Doch die europäischen Spitzenreiter kommen aus dem hohen Norden: Die Finnen essen glatt doppelt so viel von der kalten Leckerei, auch die Norweger und Schweden greifen trotz des langen und kalten Winters wesentlich häufiger in die Tiefkühltruhe. „Für die ist Eis das klassische Dessert schlechthin“, löst Branchenkennerin Klette den scheinbaren Widerspruch auf.